1x1 der Finanzen Blog

Mein Jahresrückblick

Eine heiße Tasse Tee, eine warme Kuscheldecke und eine gute Geschichte. Wie könnte die diesjährige kalte Vorweihnachszeit gemütlicher gestaltet werden? Wie wäre es denn wieder einmal mit einem Märchen? Nicht nur die Kleinen unter uns lieben diese Art der Erzählung. Der Begriff „Märchen“ leitet sich aus dem Mittelhochdeutschen „mære“ (sprich Märe) ab, was soviel wie „Kunde, Bericht oder Nachricht“ bedeutet. Sie beginnen immer gleich: Es war einmal….

Ich möchte meinen Jahresrückblick 2022 mit einem Märchen starten. 

Es war einmal … da gingen die Menschen zur Schule, begannen dann eine Lehre oder ein Studium, ergriffen einen Beruf, begannen mit dem Bausparen, arbeiteten sehr fleißig, schlossen eine Lebens- oder Rentenversicherung für ihren Lebensabend ab, gönnten sich die eine oder andere Urlaubsreise, legten Geld auf die hohe Kante, kauften sich ein Häuschen, zahlten es ab und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. 

So sieht der Lebensentwurf eines konservativen deutschen Bürgers wohl aus. Doch mittlerweile sollte jeder mitbekommen haben, dass dieser Plan nicht aufgehen kann. Wer heute noch an dieses Märchen glaubt, bekommt ganz sicher in Zukunft finanzielle Probleme. Es ist keine mathematisch herausfordernde Operation, zu erkennen, dass beim aktuellen Zinsniveau und der sich immer stärker im Finanzsystem ausbreitenden Inflation, Stichwort Cantillon-Effekt, Vermögensbildung mit den herkömmlichen Anlageinstrumenten nicht funktionieren kann. Man braucht bei einer Inflation von 10 Prozent pro Jahr mindestens 10 Prozent Rendite um den Kaufkraftverlust , der durch die Geldentwertung entsteht, auszugleichen. Und ein Vermögensbildungseffekt ist nicht eingetreten. Doch der Großteil der deutschen Anleger hält unbeirrt an den Anlageformen fest, die auch schon ihre Eltern und Großeltern bevorzugt haben. Stellt sich die Frage, warum das so ist? Bemühen wir zur Beantwortung dieser Frage die Psychologie. Menschen, die unter einer bestimmten Situation leiden, sind eigenartigerweise nicht in der Lage, diesen Zustand in Frage zu stellen bzw. zu verändern. Sie tendieren eher dazu, den Status quo irgendwie zu rechtfertigen, auch wenn dieser unmittelbar gegen ihren persönlichen Interessen gerichtet ist. Der unsichtbare Dieb, die Inflation, macht Vermögensbildung zu einem spekulativen Vorgang. Und das sollte es doch sicher nicht sein. Oh doch. Es geht gar nicht anders. Jeder erfolgreiche Investor ist ein Spekulant. Warum? Dazu schauen wir auf die Definition des Begriffs „Spekulation“. Im Duden finden wir folgendes: „Geschäftstätigkeit, die auf Gewinne aus zukünftigen Veränderungen der Preise abzielt“. Darum geht es doch eigentlich bei jeder Investition an den weltweiten Kapitalmärkten. Ob Aktien, Anleihen, Immobilien oder Kryptowährungen. Jeder Investor hofft nach seiner Investition auf ein steigendes Preisniveau dieser Anlageklassen. In den Köpfen der Deutschen scheint ein Umdenken zu beginnen. Die sich in den letzten Jahren bei privaten Anlegern etablierende Aktienkultur in Deutschland hat der schwierigen Marktlage standgehalten. Das zeigt die Sommer-Erhebung des Deutschen Geldanlage-Index (DIVAX-GA) durch das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA). Link

Doch von einer Trendwende in puncto Anlegerkultur kann noch keine Rede sein. Vielleicht hilft uns die aktuelle Phase dabei, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen. Die derzeitige Vorgehensweise, auf das Bekannte zu setzen ist vergleichbar mit dem Einwerfen einer Beruhigungspille. Wenn die Welt schon so ist, wie sie ist, müssen wir nicht unzufrieden mit ihr sein. Natürlich beraubt uns das Tolerieren des Gegebenen der moralischen Empörung, gegen diese Ungerechtigkeit aufzubegehren und willens zu sein, andere Wege zu beschreiten. Es ist heute wichtiger denn je, das Gegebene zurückzuweisen und bessere Optionen zu nutzen.

Auch im Jahr 2022 habe ich mich wieder intensiv dem Thema „finanzielle Bildung“ gewidmet. Dabei ist es nicht mein Ziel, Menschen unbedingt nur profunde Fachkenntnisse zu vermitteln. Ich möchte erreichen, dass Menschen eine umfassende Perspektive auf die Dinge und Geschehnisse einnehmen können. Und sich nicht im Finanzdschungel verheddern. Erfolg bedeutet nicht, allen anderen immer einen Schritt voraus zu sein, sondern geduldig auf den richtigen Augenblick zu warten. Es geht darum langsam reich zu werden. Das ist definitiv eine Herausforderung. Denn es steht diametral den heutigen Gebrauchsanweisungen für schnelles und problemloses Reichwerden in den sozialen Medien gegenüber. Doch ist es der einzige Weg der funktioniert. Geduld ist daher eine zwingend notwendige Eigenschaft für langfristigen und nachhaltigen Erfolg. Nur so kann das 8. Weltwunder, der Zinseszinseffekt wirken. 

Eine weitere Komponente in der Erfolgsformel lautet Anstrengung. Wer etwas im Leben erreichen möchte, kommt nicht daran vorbei, seine persönlichen Pferdestärken auf die Straße des Lebens zu bringen. Psychische und soziale Stabilität zu besitzen, die auf einem festen Fundament ruht ist gerade in unruhigen Zeiten eine bedeutende Eigenschaft. Schließlich will man nicht das, was man in mühsamer Anstrengung aufgebaut hat, mit dem Hinterteil wieder einreißen. Also schmeißen sie alle Ratgeber in den Müll, die ihnen müheloses Erfolg versprechen.

Das Jahr 2022 reiht sich in die letzten Jahre nahtlos ein. Es war wieder von enormer Unruhe und Spannungen durchzogen. Unsere Politik hält uns ständig mit immer neuen Überraschungen auf Trab. Nicht jede dieser  Ideen führen in die richtige Richtung. Ich selbst bin ein eher unpolitischer Mensch. Ich halte es mit dem griechischen Philosophen Epikur: „Wer gescheit ist, treibt keine Politik.“ Doch das bedeutet nicht, dass ich keine Meinung zu den aktuellen Geschehnissen in unserer Gesellschaft habe. Berührt doch mein Fachgebiet, das Geld, alle Bereiche unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. Geld muss seine Funktion in unserem Leben auch erfüllen. Die Hauptfunktion des Geldes ist die des Tauschmittels. Also jene Eigenschaft, Tauschvorgänge in unserer Gemeinschaft sicherzustellen und abzuwickeln. Dazu ist es notwendig, dass die Menschen ein großes Maß an Vertrauen dem Zahlungsmittel entgegenbringen. Leider erodiert diesesr unerschütterliche Glaube in das gesetzliche Zahlungsmittel immer mehr. Und das völlig zu Recht. Geld ist aber auch Wertaufbewahrungsmittel und Recheneinheit. Diese beiden Unterfunktionen der Tauschmittelfunktion entsprechen bei einer Inflationsrate des Geldes von 10 Prozent nicht mehr den Definitionen. Werte aufzubewahren funktioniert mit dem heutigen Geld einfach nicht mehr und als Recheneinheit taugt der Euro leider auch nicht. Denn was soll man mit einem Maßstab anfangen, der sich ständig ändert.  Wie will man damit zu vernünftigen Einschätzungen und Bewertungen kommen. So einen Maßstab kann man nicht gebrauchen. Er erzeugt bei den Menschen die  sogenannte Geldillusion. Eine Illusion ist eine beschönigende, dem Wunschdenken entsprechende Selbsttäuschung über einen in Wirklichkeit weniger positiven Sachverhalt. Wir werden über den wahren Wert des Euro getäuscht. Damit gelingt eine reale Einschätzung der heutigen Situation nicht wirklich.

Zwischenfazit

Der Euro ist letztlich noch ein Tauschmittel, weil es immer noch Menschen gibt, die ihm vertrauen. Doch als Wertaufbewahrungsmittel und Recheneinheit taugt er überhaupt nicht mehr.  Für mich ist die heutige monetäre Unordnung eine der Hauptursachen unseres derzeitigen gesellschaftlichen Niedergangs. Wer diesen Verfall nicht wahrnehmen kann, unterliegt dem sogenannten Bestätigungsfehler. Diese kognitive Verzerrung ist ein Begriff der Psychologie, der die Neigung bezeichnet, Informationen so auszuwählen, zu ermitteln und zu interpretieren, dass diese die eigenen Erwartungen erfüllen. Er bestätigt das eigene Weltbild und verhindert, die Realität als solche wahrzunehmen. So entsteht ein Zerrbild der Wirklichkeit.

Im letzten Jahrhundert entstand durch die Ausweitung des Wahlrechts ein neuer Berufszweig. Der Berufspolitiker. In der modernen Demokratie ringen politische Parteien um die Macht über den Staatsapparat, den sie mit aller Macht erobern bzw. erhalten wollen, um ihre jeweilige Ideologie durchzusetzen. Dabei geht es nicht um das Gemeinwohl, sondern um Sonderinteressen einer Gruppe mit einer eigenen Weltanschauung, Grundeinstellung und Wertungen, wie unsere Zukunft aussehen soll. Schon der Begriff „Partei“ suggeriert parteilich zu sein und und damit bewusst oder unbewusst die Interessen einer bestimmten Klientel zu vertreten. Die heutigen Parteien sind ausnahmslos alles Vereinigungen mit einem sozialistischen Wesenskern. Die einen fordern Gerechtigkeit für eine Klasse, die andere für die Nation. Das ist natürlich eine stark verallgemeinernde Darstellung Doch letztlich kann man es auf diese beiden Gruppierungen reduzieren. Die Suche nach dem  Vorteil für die eigene Klientel unterdrückt oft das Mitfühlen für die Anderen. In jedem von uns steckt der Wille anderen zu helfen und gleichzeitig eine gehörige Portion Egoismus. Die entscheidende Frage ist, welcher Anteil die Oberhand gewinnt. Eine Ausgewogenheit wäre natürlich wünschenswert. Der Zwiespalt zwischen Menschsein und Menschlichkeit liegt für mich einerseits auf dem Aspekt Emotionen zu haben, andererseits die Fähigkeit zu besitzen, vernünftig zu sein. Also sein eigenes Überleben nicht  leichtfertig aufs Spiel zu setzen. 

Vielleicht liegt die Lösung dieses Dilemmas darin, beide Seiten miteinander zu verknüpfen. Im Sinne einer dynamisch wirkenden Polarität. Und nicht einer dualistischen Betrachtungsweise. Beides muss klug miteinander kombiniert werden. Polarität bringt neues Leben und neue Ideen in die Welt. Dualität erzeugt keine wirklich nutzbare Energie. Sondern es entsteht lediglich Hass, Krieg, Mord und Totschlag. Dualität ist eine subjektive Empfindung. Polarität eine objektive Tatsache. Dualität trennt, Polarität verbindet. Rechts gegen links, oben gegen unten, arm gegen reich, Globalisten gegen Populisten.  Wir können diese Dualität in der politischen Arbeit jeden Tag beobachten. Schauen Sie sich doch einmal eine Bundestagsdebatte an. Ein dualistisches Paradebeispiel. Lösungsorientierte Arbeit sieht anders aus.

Eingefleischte Globalisten beklagen den Aufstieg von populistischen Parteien weltweit. Die Nationalisten stehen der Agenda der Globalisten, welche aus multilateralen Handelsabkommen, reibungsloser Einwanderung, globaler Lieferketten und der Klimawandel-Ideologie auf Kosten von Arbeitsplätzen in der westlichen Welt absolut konträr gegenüber. Finanziert werden sollen diese globalistischen Programme durch weitere Steuererhöhungen und Enteignungen. Um den sozialen Frieden während dieser Transformation nicht zu gefährden, werden sozialistische Projekte wie die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens vorangetrieben. Unterstützung erhält diese ideologische Bewegung von Wirtschaftswissenschaftlern und Politikern, die als Verfechter der sogenannten »Modern Monetary Theory« gelten. Dabei handelt es sich um einen ökonomischen Denkansatz, der auf den Chartalismus aufbaut, einer makroökonomischen Geldtheorie, wonach vor allem der Staat durch seine Macht Steuern zu erheben und eine Währung zu etablieren, den Wert der Devise garantiert. Aus der Geschichte staatlicher Währungssystem wissen wir, dass sie stets eine begrenzte Lebensdauer besitzen und durch Geldverwässerung unweigerlich in die Insolvenz der betroffenen Volkswirtschaften geführt haben. Diese geldpolitische Planwirtschaft hat nicht nur die Geldwelt in der Hand, sondern auch in vielen  anderen gesellschaftlichen Bereichen Einzug gehalten und richtet dort allerlei Unheil an. Leider baut sie auf zahlreichen Irrtümern auf. Eine dieser Fehleinschätzungen stützt sich auf die Annahme, dass man jemals legal dazu berechtigt ist, auf Kosten anderer zu leben. Hinzu kommt der Glaube, dass es keine natürliche Ordnung der Realität gibt, die man unbedingt respektieren muss, wenn man ein gedeihliches Leben führen will. Letztlich ist jedoch eins gewiss. Das Ende der Planwirtschaft ist bereits vorprogrammiert. Es wird zu einem Zusammenbruch des Finanzsystems und der Währungen kommen. Und in diesem Sog wird die merkantilistisch geprägte Weltwirtschaft mit in den Abgrund gerissen. Der Kollaps ist unvermeidlich. Ob Sie das, was kommen wird, beeinflussen können oder nicht, sei dahingestellt. Doch eine Sache kann ein jeder von uns mit Sicherheit: sich darauf vorbereiten. Sie können Ihren Wohlstand für sich und Ihre Familie bewahren, indem Sie Trends erkennen, Signale verstehen und Ihr Portfolio auf verschiedene Anlageklassen diversifizieren, die in jeder Krise der Menschheitsgeschichte ihren Wert behalten haben. Die Dreispeichenregel formuliert eine klare und einfache Handlungsanweisung. So sind sie dem Gang der Ereignisse nicht hilflos ausgeliefert. Diejenigen, die aus der Vogelperspektive betrachtend, am besten informiert und vorbereitet sind, werden die kommende Krise und ihre Nachwirkungen mit dem geringsten Schaden überstehen. Ganz im Sinne der alten Stoiker: praemeditatio malorum. Die geistige Vorwegnahme  schlechter Ereignisse.

Auch im Jahr 2022 konnten wir die schweren Nebenwirkungen der vorangegangenen Krisen immer noch spüren. Die Bestrebungen von Zentralbanken, einen völligen Zusammenbruch der Finanzmärkte zu verhindern, dann ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum herbeizuführen und schließlich ihre andauernden politischen Interventionen zu beenden war nicht zu übersehen. Das Vorgehen der Zentralbanker gleicht der Odyssee, dem epischen Drama des altgriechischen Dichters Homer. Sie erzählt, wie der Held Odysseus und seine Mannen von Skylla und Charybdis bedroht werden, als sie nach dem Trojanischen Krieg heimwärts segeln. Skylla und Charybdis sind die gefürchtetsten Wesen der griechischen Mythologie. Sie hausen in Rufweite auf zwei gegenüberliegenden Felsen einer schmalen Meerenge. Skylla hat sechs Köpfe, und jedes ihrer Mäuler ist mit rasierklingenscharfen Zahnreihen besetzt. Ihre Taille ist ringsum mit geifernden Hundeköpfen bestückt. Sie bewegt sich zu Wasser wie zu Lande mit zwölf tentakelartigen Beinen fort und verschlingt alles, was in ihre Reichweite kommt. Über das Aussehen von Charybdis ist weniger bekannt, aber ihre Fähigkeiten sind ebenso furchterregend wie die der Skylla. Sie ist eine Tochter von Poseidon, des Gottes der Meere, und dreimal am Tag verschlingt sie das Meer und spuckt es wieder aus. So erzeugt sie einen gewaltigen Meeresstrudel, in dem jedes Schiff, das ihm zu nahe kommt, mitsamt seiner Besatzung auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Odysseus hat eine schwere Entscheidung zu treffen. Er muss mit seinem Schiff die Meerenge passieren. Jedoch wird er  sicher einem der beiden Ungeheuer nahe kommen. Es gibt keinen anderen Weg. Er befiehlt seinen Mannen, das Schiff in sicherer Entfernung an Charybdis vorbeizulenken und sich somit der Gefahr durch Skylla auszusetzen. Er denkt sich, dass der Meeresstrudel das ganze Schiff mitsamt seiner Mannschaft verschlingen würde, während Skylla eine selektivere Bedrohung ist – eine klassische Anwendung von modernem Risikomanagement. Das Wagnis zahlt sich aus: Zwar verschlingt Skylla sechs seiner Männer, doch die anderen und er selbst überleben. Ihr Schiff bleibt heil und sie können ihre Reise fortsetzen. Auf diesem Dilemma des antiken Helden Odysseus beruht die moderne Redewendung, sich »zwischen Skylla und Charybdis« zu befinden. Sie ist eine perfekte Metapher für den heutigen Zustand der Weltwirtschaft und die Entscheidungen, mit denen Staatenlenker und Politiker konfrontiert sind. Odysseus war in der Lage, seine Entscheidung trotz der drohenden Gefahren mit kühlem Kopf abzuwägen. Die Entscheidungsträger von heute stehen vor einer ähnlichen Situation. Doch sie können nicht mit Sicherheit vorhersagen, welche der Handlungsalternativen schlimmer sein wird. Die Geschichte der Politik der Zentralbanken seit 2008 ist eine Odyssee auf dem Weg zurück in die geldpolitische Normalität. Optimistisch gestimmt können wir trotzdem sein. Denn in der ursprünglichen Odyssee erreicht der Held zu guter Letzt die Heimat, allen Gefahren zum Trotz. Wie hoch die Verluste sein werden, steht in den Sternen. (Quelle: Rickards, James. Nach dem Kollaps (German Edition) (S.14). FinanzBuch Verlag. Kindle-Version.)

Gab es im Jahr 2022 etwas hervorstechend Überraschendes, was ich in diesem Jahr gelernt habe? Wo konnte ich eines Besseren oder Neuen belehrt werden?

Es gibt eine Sache die neben vielen anderen Dingen mir in diesem Jahr bewusst geworden ist. Ich habe oft über das Zitat von Otto von Bismarck nachgedacht, in dem er über die Schaffung und Sicherung von Vermögen sinniert: „Die erste Generation schafft Vermögen, die zweite verwaltet Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte und die vierte verkommt.“ Schwierige Zeiten bringen oft starke Persönlichkeiten hervor. Gute Zeiten hingegen eher das Gegenteil. Und diese schwachen Charakter sorgen dann mangels geeignetem Rüstzeug wieder für schwierige Zeiten. Die heutige, am Ruder stehende Generation, hat sich durch gesellschaftliche Überbehütung und mangels fehlender Stressoren in ein Wachkoma führen lassen. Dieser depressive Zustand ist mittlerweile zur Volkskrankheit Nummer 1 avanciert. Eine stille Tragödie spielt sich hier ab. Sie zeigt, dass es in unserer Gesellschaft an einem Training für den Ernstfall in Sachen „Antifragilität“ mangelt. Damit ist die Fähigkeit gemeint, aus Problemsituationen gestärkt hervorzugehen. Um diesen Kult der Schwäche zu zerstören, gilt es, die Menschen in folgenden Dingen gut zu unterrichten: Eigenverantwortung, Arbeit an sich und der Welt, sowie Selbstermächtigung. Der Weg zur Selbstgestaltung des eigenen Lebens verlangt die Flucht aus dem geistigen Gefängnis. Dieser Prozess wird als „Aufwachen“ bezeichnet. 

Welche Weltereignisse haben mich dieses Jahr besonders bewegt? 

Im ersten Quartal 2022  fand  der bereits seit 2014 schwelende Russland-Ukraine-Konflikt seinen unrühmlichen Höhepunkt mit dem Einmarsch russischer Streitkräfte in die Ukraine. Konflikte und Gewalt sind leider unumgänglich und auf unserer Welt an der Tagesordnung, da wir nicht in einer Welt voller Heiliger leben. Zu unser aller Leidwesen sind diese Konfrontationen intensiv, brutal und langwierig. Der Grund liegt darin, dass die Kosten der Kriegsparteien für ihre feindlichen Aktivitäten auf andere abgewälzt werden können. Außerdem gibt es immer auch einen wahren Nutznießer eines Streits zweier Parteien. Das alte deutsche Sprichwort „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“ hat wahrscheinlich jeder schon einmal gehört. Wenn zwei Parteien sich über eine Sache streiten, profitiert mit ziemlich hoher Sicherheit eine dritte Partei, oft unbemerkt. Es ist offensichtlich, dass eine dritte Partei eine Zweierbeziehung empfindlich stört. Daher wird häufig vor der Zwietracht säenden dritten Person bzw. Partei in Märchen und Sagen oft gewarnt. Das Sprichwort entstand um das Jahr 1900 und war der Titel einer Oper mit dem Titel: „Wenn zwei sich streiten, zieht der Dritte den Nutzen“. Wer die wahren Ursachen von Konflikten ergründen möchte, kommt nicht umhin, die wahren Strippenzieher hinter diesen Streitigkeiten zu identifizieren.

Das Ereignis im zweiten Quartal 2022 war für mich die Volkszählung. Der Zensus 2022. Natürlich schaue ich auf dieses Ereignis mit einem lachenden und weinenden Auge. Ich verstehe, dass der Staat Daten über die Bevölkerung des Landes ermitteln und zusammentragen muss. Doch ebenso Interessant ist, dass der Staat damit auch seine Daten über die Vermögenswerte des Bürgers durch Zensus aktualisiert. Das kommt in meinen Augen zu einem günstigen Zeitpunkt. Vielleicht ist es aber auch nur Zufall und ich sehe Gespenster, die gar nicht da sind. Doch am 01.01.2024 tritt das aktualisierte Lastenausgleichsgesetz in Kraft. Was macht dieses Gesetz mit jedem Einzelnen von uns? Ursprünglich zur Entschädigung von Kriegsopfern gedacht wurde es in 2019 derart abgewandelt, dass im Gesetz der Begriff „Kriegsopferfürsorge“ durch „soziale Entschädigung“ ersetzt wurde. Eine sehr schwammige Formulierung, die der Fantasie des Einzelnen keine Grenzen setzt. Was steckt dahinter? Meine Antwort ist simpel: Umverteilung. Oder anders ausgedrückt: Enteignung. Jeder Bürger muss nun selbst einschätzen, ob der Staat zu dem Zwangsmittel der Enteignung greift oder nicht. Und ob er sich davor schützen möchte. Wer sich mit diesem Thema intensiver auseinandersetzen möchte, den verweise ich an dieser Stelle auf einen meiner Artikel vom 21.07.2022 (Hier geht es zum Artikel).

Im dritten Quartal erinnere ich mich sofort an das Ableben der britischen Königin Queen Elisabeth. Ich habe mich danach mit der Geschichte der Queen beschäftigt. Die Netflix-Serie „The Crown“ unterrichtete mich ausreichend und ich erfuhr viele neue Dinge über das britische Königshaus. Natürlich darf man nicht alles für bare Münze nehmen, was einem dort vorgesetzt wird. Ein paar Fragezeichen bleiben natürlich zurück. Wir waren bei den tatsächlichen Ereignissen nicht anwesend und müssen uns auf Quellen verlassen, die dabei gewesen sind. Doch das was ich erfahren habe bzw. bereits wusste lässt ein Resümee zu. Nach 70 Jahren auf dem Thron des britischen Empires trat eine Institution und ein weiterer deutscher Exportschlager von der Weltbühne ab. Denn die Royals stammen bekanntermaßen aus Deutschland. Erst im Jahr 1917 änderte das Königshaus seinen maßgeblichen Familiennamen von „Sachsen-Coburg-Gotha“ zu „Windsor“. Wir werden sehen, ob die entstandene Lücke gefüllt werden, die Monarchie zukunftsfähig und mit einer Demokratie auf Dauer vereinbar sein kann. 

Zu guter Letzt blicken wir auf das 4. Quartal 2022 und kommen zu dem alles beherrschenden Thema in diesem Zeitraum. Die Fußballweltmeisterschaft im Wüstenstaat Katar. Leider blieb die WM diesmal nicht auf den rein sportlichen Aspekt beschränkt. Zu viele Kontroversen wurden vor und während der WM rund um den Ausrichter der Festspiele Katar geführt. Vor allem in Deutschland. Diese Kritik erkläre ich mir vor allem mit der Liebe der Deutschen an moralischen Diskussionen. Mir scheint, dass der Volkssport Nummer 1 in Deutschland, der Fußball, nur noch zu einer Nebensache verkommen und an seine Stelle die typisch deutsche politische Debattenkultur getreten ist. Gerechtfertigt oder nicht hätte ich mir gewünscht, wenigstens bei diesem Ereignis keinen moralisch erhobenen Zeigefinger zu sehen. Viele Menschen fragen sich, warum eine WM ausgerechnet in Katar stattfinden muss. Die Antwort ist denkbar einfach: Es ist ein Geschäft. Mit viel Geld gekauft. Und das Ziel ist eine möglichst großer Profit. Doch hierzulande ist der König Fußball mehr als nur ein Geschäft. Gott sei Dank ist der moralischen Schlagabtausch mit dem Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft schnell beendet worden und die kritischen Stimmen sind in den Hintergrund getreten. Mit Argentinien hat die Fußball-WM einen würdigen Titelträger nach einem überaus spannenden Finale erhalten. 

Wie ging es den Menschen um mich herum, insbesondere unseren Kunden 2022?

Hauptmotiv unserer Kunden ist das Streben nach Sicherheit. Immer mehr Menschen wird bewusst, dass irgendetwas gewaltig schief läuft. Die Finanzmärkte haben sich schon längst von der Realwirtschaft entkoppelt und führen ein Eigenleben. Die Bewertungen von Aktien, Anleihen aber auch Immobilien haben aberwitzige Höhen erklommen. Beispielsweise betrug das Silberangebot 2022 ca. 20 Mrd. USD. Silber ist in vielen Bereichen der Wirtschaft von großer Bedeutung und aufgrund seiner hohen Leitfähigkeit in der Industrie nicht wegzudenken. Die Wichtigkeit von Silber in der industriellen Anwendung, aber auch die monetäre Komponente des Silbers in der Geschichte wird mittlerweile auch von Investoren erkannt. Das führt zu einer verstärkten Investmentnachfrage nach Silber. Die dramatische Entwicklung am physischen Silbermarkt biegt sich bei einem Blick auf die derzeitige  und erwartete Angebots- und Nachfragesituation. Für das Jahr 2022 wird ein Angebotsdefizit in Höhe von 194 Millionen Unzen prognostiziert. Vereinfacht ausgedrückt: Mit so einem großen Defizit ist es unmöglich, dass die Angebotsseite die Nachfrage vollständig bedienen kann. Ökonomisches Grundverständnis diktiert bei einem derart steilen Defizit also ein Wettbieten, was wiederum in massiv steigenden Silberpreisen resultieren muss. Weitere Informationen zur Situation auf dem Silbermarkt finden Sie hier. Besonders interessant wird es, wenn man die Marktkapitalisierung von Silber ins Verhältnis zum Aktienmarkt setzt. Starbucks, ein Unternehmen welches Milchkaffee verkauft, weist aktuell eine Marktkapitalisierung von ca. 112 Mrd. USD auf. Das 5,5-fache von Silber. Dieses einfache Beispiel mit dieser enormen Diskrepanz ist nur eines von vielen Beispielen. Letztlich komme ich zu einem Schluss: Aktien sind dramatisch über- und Rohstoffe unterbewertet. Das dieses Verhältnis so nicht bleiben kann ist offensichtlich. Die Normalisierung dieses Zustandes kann schnell voranschreiten. Der nach dem römischen Stoiker Seneca benannte Effekt zeigt uns, dass Dinge, die langsam anwachsen schnell wieder zurückgehen können. Beobachten kann man diese Gesetzmäßigkeit derzeit am Kryptomarkt. Betrug die Marktkapitalisierung im Jahr 2021 noch ca. 3 Billionen USD schrumpfte der Markt innerhalb kürzester Zeit auf nur noch 850 Mrd. USD zusammen. Ist das schon das Ende der Fahnenstange oder geht es noch tiefer? Und wie werden die Aktienmärkte wohl auf die derzeitige Geldpolitik reagieren? Die Zukunft verspricht auf alle Fälle eine Menge Spannung und Nervenkitzel.

Kommen wir noch einmal zu Odysseus zurück. Die Notenbanker sitzen im gleichen Boot wie der Held in Homers Epos. Sie haben die Wahl zwischen Skylla und Charybdis. In unserer heutigen Zeit heißen die beiden Ungeheuer Inflation und Deflation. 

Inflation (lat. Aufblähung), ist die Schaffung zusätzlicher Kaufkraft durch willkürliche Vermehrung der Geldumlage. Eine solche Vermehrung ist gegeben, wenn die Geldmenge über die aus der Vermehrung der wahren Erzeugung hervorgehende Steigerung des Geldbedarfs der Volkswirtschaft hinausgeht. Eine Aufblähung des Geldumlaufs ist besonders leicht bei Papierwährung, da bei dieser der Geldstoff in beliebiger Menge zur Verfügung steht. Bei den metallischen Währungen ist die durch die verhältnismäßige Knappheit des Geldstoffes erschwert. Doch kann auch bei Gold- und Silberwährungen eine Inflation eintreten, wenn der für Geldmünzzwecke verfügbare Edelmetallvorrat über den volkswirtschaftlichen Geldbedarf hinausgeht (Quelle: Einmaleins der Finanzen-Blog). Letztlich führt eine anhaltende hohe Inflation zur restlosen Zerstörung der zugrundeliegenden Währung. Die Geschichte ist eine gute Lehrerin.

Eine Deflation, das genaue Gegenteil der Inflation, ist für die Zentralbanktechnokraten das größte Schreckgespenst unserer heutigen Zeit. Warum? Weil sie den realen Wert von Schulden erhöht. Und das kann man in einer Zeit, in der die weltweiten Schuldenstände neue Rekordwerte erreichen definitiv nicht gebrauchen. Im Endergebnis führt eine Deflation zu Insolvenzen, die wiederum die Solvenz der Zentralbanken gefährden würde. Hinzukommt bei einer Deflation, dass sich der reale Lebensstandard der Bürger verbessern würde, der Staat jedoch diese Aufwertung nicht wirkungsvoll besteuern kann. Bargeld würde in einem solchen Umfeld allmählich wertvoller, wodurch natürlich der Konsum gedämpft werden würde. Deflation ist eine Falle, aus der die Zentralbanken mit den bekannten politischen Werkzeugen nicht wieder herausfinden würden.

In letzter Konsequenz wird die Inflation das Tauziehen gegen die Deflation gewinnen. Denn Zentralbanker sind allergisch gegen eine Deflation. Zentralbanken brauchen Inflation, damit das System weiter funktioniert. Und sie werden alles unternehmen, um sie zu erzeugen.

Was ist mein Fazit für 2022?

Viele Dinge in unserer Gesellschaft laufen aus dem Ruder. Man kann seinen Augen und Ohren nicht mehr trauen. Was ist echt und was ist Fake? Fake-News, Fake-Follower, Fake-Rolex-Uhren, Fake-Mode, Fake-Accessoires, Fake-Vermögenswerte. Leider sehen heutzutage Informationen und Fehl-Informationen gleich aus; der einzige Unterschied besteht darin, dass Fehl-Informationen mehr Einnahmen generieren. Also folgen Sie immer der Spur des Geldes. Sie bringt sie letztlich dem Kern der Sache so nahe, dass eine Urteilsfindung gelingen kann. Heutzutage macht die Überprüfung dessen, was echt und was fake ist, den Unterschied zwischen Reichtum und Armut, Krieg und Frieden und sogar Leben und Tod.

Noch ein paar Worte zu Gold. Der Ausblick für das gelbe Edelmetalle ist äußerst positiv. Nicht nur Hedgefonds haben ihr Long-Engagement im Gold erhöht. Auch Wallstreet-Größen wie Michael Burry und Jeffrey Gundlach halten Gold für äußerst interessant. Das Jahr 2022 war für Gold von heftigen Turbulenzen geprägt. Doch in den letzten Monaten des Jahres geht es für Gold wieder aufwärts. Der Goldpreis in Euro hat im Jahresvergleich (Stand Ende November 2022) einen Jahresgewinn von 7,2 Prozent verbuchen können. Der Deutsche Aktienindex DAX kommt im Vergleich dazu auf ein Minus von 9,3 Prozent. Ich mag diesen Vergleich überhaupt nicht. Haben beide Anlageformen völlig unterschiedliche Ziele und Zwecke. Gold ist Geld, Aktien entgegen ein klassisches Investment. Aber auch gegenüber anderen Anlageklassen wie Anleihen entwickelte sich Gold deutlich besser. Trotz der Zinserhöhungen der Zentralbanken rund um den Globus hielt sich der Goldpreis relativ konstant. Zentralbanken haben sich im Jahr 2022 verstärkt mit Gold eingedeckt. Es wurde die größte Goldmenge seit 1967 erworben. Damals war der Dollar noch mit Gold hinterlegt. Gold war bei den Zentralbanken schon seit jeher ein Mittel der ersten Wahl. Sind doch ein Großteil der Währungsreserven in Gold investiert. Die Notenbanken der USA und Deutschlands halten fast zwei Drittel ihrer gesamten Währungsreserven in Gold. Ich gehe davon aus, dass die weltwirtschaftlichen Probleme weiterhin andauern dürften. Daher werden die Zentralbanken ihre Goldreserven weiter aufstocken. Die weltweiten Finanzmärkte dürften demnächst erkennen, dass die Annahme, die Inflation sei nur vorübergehend, falsch ist. Starke Anstiege des Gold- und Silberpreises dürfte die logische Folge sein.

Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches Jahr 2023.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.