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US-Großbanken bunkern Papiergold- keine gute Idee!

Das könnte man annehmen, wenn man einen Blick auf den jüngst veröffentlichten Bericht der OCC (Office of the Comptroller of the Currency) blickt. Vorweg: Gemeint ist hier ausschließlich Gold in „Papierform“, es geht also nicht um Münzen oder Barren. Als Papiergold bezeichnet man Finanzmarktinstrumente, die die Entwicklung des Goldpreises abbilden sollen – also beispielsweise Futures oder Optionen.

Haben Banken ein höheres Ausfallrisiko?

Die Komplexität des heutigen Finanzwesens und Kapitalmarkts ist historisch unerreicht. Unzählige Instrumente bilden auf die eine oder andere Weise den Preis von Aktien, Rohstoffen und eben auch Edelmetallen ab – um nur eine Auswahl zu nennen. In der Praxis heißen diese Derivate zum Beispiel Swaps, Optionen oder Futures. Während diese hochriskanten Instrumente für Klein- und Privatanleger eher einen Nischenmarkt ausmachen und sich dazu eignen, selbst einen Hedge aufzubauen oder das eigene Kapital zu hebeln, sind sie für Institutionelle unverzichtbar. Aufgrund der hohen Kapitalsummen, die diese bewegen, eignen sich Derivate oftmals wesentlich besser zur Realisierung verschiedener Strategien als Direktinvestitionen. Wie auch schon in meinem Artikel Indirekte Anlage in Gold – mehrere Nachteile für Anleger berichtet.

Das zeigt auch der eingangs erwähnte Bericht vom OCC. Addiert man die Derivate, die alle US-Banken halten, aufeinander auf, erreichen wir ein Volumen von rund 195 Billionen US-Dollar. Mehr als 54 Billionen US-Dollar davon, was ungefähr 28 % entspricht, liegen allein bei J.P. Morgan. Auch die weiteren Großbanken, von Citi, über Goldman bis hin zu Wells Fargo und Bank of America, befinden sich in den Top-5.

Der OCC-Bericht verdeutlicht simultan, wie viel Kapital in Form von Derivaten in Edelmetallen steckt. Eine Unterteilung nach spezifischen Edelmetallen wird zwar leider nicht vorgenommen, trotzdem zeigt sich da eine erstaunliche Entwicklung. Der OCC-Bericht spricht von rund 394 Milliarden US-Dollar, die über verschiedene Derivate in Edelmetalle und deren Kursentwicklung investiert sind. Der Großteil davon dürfte auf Gold entfallen, den auch Banken als sicheren und liquiden Hafen schätzen.

Mehr Papiergold als physisch vorhandenes Gold

JPM ist auch bei den Edelmetallen unangefochtener Spitzenreiter. Tatsächlich entfällt auf diese eine Großbank sogar mehr als die Hälfte des Edelmetall-Derivate-Marktes, da JPM zuletzt auf rund 54 % kam, während Citi mit 26 % vergleichsweise überschaubar innerhalb dieses Marktes vertreten ist. Noch stärker zeigt sich die Konzentration, wenn man lediglich die Top-4 analysiert. Das sind JPM, Goldman, Citi und BoA: Sie kommen zusammen auf 97 % des Derivate-Marktes unter den Edelmetallen.

Wenn man diese Summe komplett auf Gold umrechnen wöllte, kämen wir auf mehr als 7.300 Tonnen Gold. In der Praxis wird es natürlich nicht so sein, dass jedes einzelne Edelmetall-Derivat lediglich Gold abbildet. Aber selbst bei einer Quote von 4/5 wären wir bereits bei mehr als 5.000 Tonnen. Wie massiv diese Zahl ist, zeigt ein Vergleich mit den tatsächlichen Goldreserven einzelner Staaten. Die Bundesrepublik hält etwas mehr als 3.350 Tonnen, die USA mehr als 8.100 Tonnen. Gefördert werden jährlich rund 3.500 Tonnen, was aber auch von verschiedenen Entwicklungen abhängig ist und daher variieren kann.

Anders als bei den Großbanken, existiert das Gold bei den Staaten aber tatsächlich in seiner reinen, also physischen Form. Damit muss die nächste Frage automatisch darauf abzielen, ob und falls ja, wie groß das Klumpenrisiko, im US-amerikanischen Bankensektor ist, der scheinbar mehr und mehr Edelmetalle in Papierform hält. Ein Klumpenrisiko hat man immer dann, wenn sich das Portfolio stark auf einen einzigen Vermögenswert konzentriert. Zwar sind Derivate im Regelfall als Hedges angelegt und haben eine entsprechende Gegenposition im Portfolio, trotzdem hat die Pleite von Lehman Brothers im Jahr 2008 gezeigt, wie schnell es gehen kann, sollte es zu Verwerfungen am Kapitalmarkt kommen und Gegenparteien nicht mehr liquide sein.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.