1x1 der Finanzen Blog

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Münzen und Scheine bei den Deutschen noch immer beliebt: Kommt die Bargeldabschaffung trotzdem?

Die hinter uns liegende (und in Teilen noch immer den Alltag bestimmende) Corona-Pandemie scheint nicht nur ein Segen für Impfstoffhersteller, Masken- und Testfabrikanten gewesen zu sein. Vielmehr spielte die Phase des „Social Distancing“ und der übersteigerten Hygienemaßnahmen auch den Befürwortern der Bargeldabschaffung in die Hände. Denn zahlten im Jahr 2014 noch fast 80 Prozent der Deutschen mit Münzen und Scheinen, sind es heute entsprechenden Umfragen zufolge nur noch rund 40 Prozent. Zugleich gibt es – Gott sei Dank! – aber noch immer einen harten Kern von Bundesbürgern, der sich unter keinen Umständen vom Bargeld trennen will. Die Frage ist allerdings, ob sich die Entscheider davon werden beeinflussen lassen.

Hohe Hürden für Barzahlungen

Bargeld bietet eine ganze Reihe von Vorteilen. Zahlungen lassen sich anonym und nicht nachverfolgbar abwickeln, Banknoten können im heimischen Tresor gelagert werden. Auch bei einem Zusammenbruch des (elektronischen) Bankensystems, bei Blackouts oder auch bei Störungen der Kartenserviceterminals (wie erst Mitte 2022 passiert!) kann Bargeld zur Begleichung von Einkäufen genutzt werden. Es verwundert daher nicht, dass noch immer ein großer Teil der Bundesbürger für den uneingeschränkten Erhalt von Scheinen und Münzen votiert.

Zugleich brauchen Bargeldfreunde starke Nerven, denn längst werden die Hürden für bare Zahlungen immer höher. Exemplarisch genannt werden soll an dieser Stelle nicht nur die Abschaffung der 500-Euro-Note 2019, sondern vor allem die 2021 eingeführte sogenannte „Bargeldeinzahlungsgrenze“, aufgrund der bei Beträgen ab 10.000 EUR grundsätzlich die Herkunft des Geldes durch „aussagekräftige Belege“ nachzuweisen ist. Zudem sind generelle Obergrenzen für Barzahlungen längst kein Tabu mehr. Die Frage ist eher, ob eine solche Grenze ebenfalls erst bei 10.000 EUR liegen wird, oder aber schon bei 5.000 EUR oder gar 1.000 EUR greifen wird.

Ist in Schweden schon im Frühjahr Schluss mit Scheinen und Münzen?

In Schweden, dem Vorreiterland in Sachen digitale Zahlungssysteme, ist man bereits einen Schritt weiter. Schenkt man entsprechenden Verlautbarungen Glauben, dürfte die Zeit der schwedischen Krone bereits im März 2023 zu Ende gehen. Einem vom schwedischen Handelsrat in Auftrag gegebenen Forschungsbericht zufolge wird es für Einzelhändler ab diesem Zeitpunkt nämlich nicht mehr rentabel sein, Banknoten oder Münzen entgegenzunehmen. Somit dürfte allein aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus der Abschied vom Bargeld extrem beschleunigt werden – eine Entwicklung, welche auch im Euroraum Gefallen findet.

Appelle nützen vermutlich nur wenig

Auch unter bekannten Finanzexperten gibt es einige Größen, die (noch) eine Lanze fürs Bargeld brechen. So beispielsweise Martin Schlegel, der Vizepräsident der Schweizerische Nationalbank SNB. Schlegel äußerte sich erst kürzlich dahingehend, dass Bargeld nach wie vor eine wichtige Funktion als Instrument der Wertaufbewahrung und Transaktion erfüllt. Es sei „weiterhin breit akzeptiert … und leicht zugänglich.“ So wichtig und wertvoll derartige Statements auch sind, nützen werden sie vermutlich wenig. Denn in den Köpfen vieler EZB-Verantwortlicher und politischer Entscheidungsträger existiert längst eine Welt, in der dank „digitalem Euro“, Bankauskunftspflicht und Steuer-ID jeder Bürger hinsichtlich all seiner finanziellen Transaktionen überwacht werden kann.

Damit diese Vision bald Wirklichkeit wird, werden immer mehr Kassenschalter in Banken geschlossen, wird das Geldautomaten-Netz stark ausgedünnt, gibt es Obergrenzen für Einzahlungen. Es steht also leider zu befürchten, dass weder gut gemeinte Appelle von Finanzexperten wie SNB-Vize Martin Schlegel noch Bemühungen von emsigen Bargeld-Aktivisten wie dem Wirtschaftsjournalisten Norbert Häring erfolgreich sein werden. Für Otto-Normalsparer heißt das, gegebenenfalls in Sachwerte zu flüchten und das eigene Vermögen auf diese Weise (zumindest zum Teil) einer permanenten Kontrolle der Staatsmacht zu entziehen. Der Kauf von physischen Edelmetallen könnte hierfür ein gangbarer Weg sein.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.