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Basel III: Zusätzlicher Rückenwind für Gold- und Silberpreise?

Gold und Silber stehen spätestens wieder stärker im Fokus, seit auch die amerikanische Notenbank von der exorbitant hohen Inflation im Juni jenseits der 5-Prozent-Marke überrascht wurde. Speziell Gold, seit jeher bei vielen Anlegern das dominierende Mittel zum Inflationsschutz, kämpft mit einem potentiellen Aufwärtstrend, aber auch an den Silbermärkten zeigen sich Indizien für eine starke Verknappung. Weiteren Rückenwind könnten beide Edelmetalle durch Basel III und die dadurch einhergehenden Änderungen erhalten.

Vorweg: Was ist und macht Basel III?

Basel III ist, für den erfahrenen Anleger wenig überraschend, der Nachfolger von Basel II. Beide Leitlinien wurden vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht aufgesetzt und dienen als Regelwerk beziehungsweise Vorschriften für Banken – insbesondere was deren Eigenkapital- und Risikomanagement anbelangt. Basel II wurde im Sommer 2004 in Kraft gesetzt und ab 2013 durch Basel III teilweise abgelöst. Sinn und Zweck davon war, den Banken stärker auf die Finger zu schauen – oder besser gesagt, sie bereits vorab durch ein enges Regelwerk einzuschränken. Vor allem sollen damit zu risikoreiche Aufstellungen der Geldhäuser, bedingt durch gehebelte Produkte, lasche Kreditvergaberegeln und zu wenig Eigenkapital, verhindert werden. 

Ein elementarer Unterschied gegenüber Basel II ist die strikte Erhöhung des weichen und harten Kernkapitals. Banken müssen sich also stärker mit Eigenkapital absichern. Außerdem sollen eigene Reserven angelegt werden. Höhere Kapitalanforderungen, eine schärfere Überprüfung und transparente Offenlegungsstandards sollen die Geldhäuser krisenfest machen – demzufolge versteht sich Basel III auch als Antwort auf die Finanzkrise 07/08.

Was macht Basel III mit dem Gold- und Silberpreis?

Durch Basel III wird die bisher reichlich praktizierte Sammelverwahrung von Gold problematisch. Von einer „Sammelverwahrung“ spricht man im Fachjargon dann, wenn die Goldbestände (oder eben Silberbestände) gesammelt verwahrt werden, ohne dass ein einzelner Barren oder eine einzelne Münze konkret einem bestimmten Kunden zugeordnet werden können. Das Gegenteil davon ist übrigens die segregierte Lagerung, bei der solch eine präzise Zuordnung möglich ist. Das sorgt zugleich dafür, dass das gelagerte Gold nicht mehr als Aktiva der Bank auftaucht. Bei der Sammelverwahrung, da keine explizite Zuordnung dem Kunden/Eigentümer möglich ist, hingegen schon.

Problematisch ist das für Banken deshalb, weil sie durch Basel III für derartige, nicht allokierte Gold- und Silbermengen fortan zusätzliches Eigenkapital zurücklegen müssen. Die Verwahrung des Goldes, eigentlich ein Gewinntreiber, wird damit zwar nicht unrentabel, fordert aber eben weitere Rücklagen ein – was wiederum die Rentabilität reduziert. Ein immenser Einschnitt in das typische Handeln von Banken ist das allein deswegen, weil an den Gold- und Silberweltmärkten für gewöhnlich nie mit vollständiger Deckung gehandelt wird. Stattdessen wird häufig Papier gehandelt, das primär mit dem Namen des Händlers/der Bank, aber nicht konkret mit der jeweiligen Menge an Barren und Münzen gedeckt ist.

Konsequenz für das Bankenwesen

Als logische Konsequenz bleiben nur zwei Möglichkeiten. Entweder würden die Banken ihren Edelmetallhandel massiv einschränken oder sogar vollständig aufhören, mit nicht zugewiesenem Gold und Silber zu handeln, oder aber sie bilden zusätzliche Rücklagen, um die strikteren Eigenkapitalquoten zu erfüllen. In der Praxis müssten Banken aller Voraussicht nach etwa 85 % des Wertes in den Büchern führen – und in der Folge auch dafür die vorgeschriebenen Eigenkapitalrücklagen bilden. Bei einigen Banken, die große Gold- und Silberbestände horten oder sehr intensiv handeln, könnten die Eigenkapitalanforderungen so plötzlich in die Höhe schießen.

Trotzdem gibt es dahingehend ebenfalls Einschränkungen. Einfach nur mit einer größeren Deckung ist es nicht getan, denn die physischen Gold- und Silbermengen reichen dafür nicht einmal aus. Außerdem fehlt es selbst den größten Banken an genügend Platz, um tatsächlich alle physischen Rücklagen sicher zu verwahren. Die Banken und Goldbörsen zeigten sich zuletzt sogar so unbeeindruckt, dass sie am 4. Mai 2021 bei der Prudential Regulation Authority (britische Aufsichtsbehörde für den Finanzsektor und das Bankenwesen) eine vollständige Abschaffung von Basel III und den damit verbundenen Änderungen einforderten.

In dem „Protestpapier“ geben Banken und Edelmetallhändler an, dass sie mit den neuen Basel-III-Vorschriften nicht mehr in der Lage wären, effektives Clearing und generell Edelmetallhandel zu betreiben. 

Welches Ergebnis ist realistisch?

Der Streit um Basel III wird sich nicht innerhalb weniger Wochen lösen. Es ist sogar davon auszugehen, dass er über Jahre bestehen wird oder Basel III irgendwann durch den vierten Nachfolger ausgebessert wird. Bis dahin stehen die Chancen aber sehr gut, dass die veränderten „Verhaltensregeln“ der Bankenbranche dazu führen, dass Gold- und Silberpreise künftig in die Höhe schießen. Einige Experten erwarten, dass sich erste Auswirkungen auf den Preis schon ab dem Herbst 2021 zeigen und für rund zwei Jahre anhalten können. Insofern ist nicht auszuschließen, dass Edelmetallfans, Gold- und Silberanleger bald neue Rekordstände beobachten und entsprechend hohe Renditen einfahren können – weil Banken zu großen Edelmetallkäufern werden.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.