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10 % Inflation im September – höchste Teuerungsrate seit 71 Jahren

Nun ist es offiziell. Die Inflation in Deutschland erreicht mit 10 % im September den höchsten Wert seit dem Jahr 1951. Selbst in den 70er Jahren, die als das klassische Jahrzehnt der Inflation in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gelten, sind die Teuerungsraten in Deutschland einstellig geblieben.

Preissteigerung von 1,9 % in einem einzigen Monat

Die Inflation von 10 % im September stellt einen weiteren starken Anstieg auch auf kurzfristiger Basis dar. Gegenüber August verteuerten sich die Verbraucherpreise um 1,9 %. Das entspricht recht genau dem Zielwert von 2 %, den die EZB als Inflationsziel auf europäischer Ebene für ein gesamtes Jahr anpeilt. Zu den speziellen Preistreibern im September gehören das Auslaufen der Tankrabatte sowie des Neun-Euro-Tickets Ende August.

Mit vorliegenden Inflationsdaten für neun von zwölf Monaten ist es auch so gut wie sicher, dass die Teuerungsrate für das Gesamtjahr 2022 ein historisches Ausmaß erreichen wird. Der bisherige Höchststand wurde im Jahr 1951 markiert und lag damals bei 7,6 %.

Starke Preisanstiege für Energie und Lebensmittel

Abgesehen von Einmaleffekten wie dem Ende des Neun-Euro-Tickets waren vor allem zwei Faktoren für die hohe Inflation im September verantwortlich: Energie und Nahrungsmittel. Der Löwenanteil entfällt auf Energiekosten, die im September um 43,9 % höher lagen als im Vorjahresmonat. Nahrungsmittel verteuerten sich um 18,7 %.

Legt man nicht den VPI (Verbraucherpreisindex), sondern den HVPI (Harmonisierten Verbraucherpreisindex) zugrunde, betrug die Inflation im September sogar 10,9 %. Der HVPI klammert einige Faktoren aus, darunter Glücksspiel, den Rundfunkbeitrag sowie Ausgaben von Privathaushalten für selbstgenutztes Wohneigentum.

Inflation im September in der EU

In der Eurozone insgesamt haben sich die Verbraucherpreise im September gegenüber dem Vorjahresmonat um 10 % erhöht. Im August hatte die Teuerung noch bei 9,1 Prozent gelegen. Weitere deutliche Zinsschritte der EZB gelten als sicher. Die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs rechnet mit einer Anhebung von 0,75 % im Oktober, einem Zinsschritt in gleicher Höhe im Dezember und einem weiteren in Höhe von 0,5 % im Februar.

Höhere Zinsen wirken Inflation nur bedingt entgegen

Ob eine straffere Geldpolitik der EZB ein geeignetes Mittel ist, um den Preistreiber Energie unter Kontrolle zu bekommen, ist mehr als fraglich. Höhere Zinssätze können lediglich in einer klassischen Erhitzung der Wirtschaft erfolgreich gegensteuern, indem sie drosselnd auf die Kreditvergabe der Banken wirken. Die Energiepreise sind aber nicht auf eine zu hohe Kreditvergabe zurückzuführen.

Hauptverantwortlich sind vor allem die Liberalisierung der Gasmärkte in den vergangenen Jahren sowie geopolitische Faktoren. Dazu zählt an erster Stelle der Ukraine-Krieg und die sich daraus ergebenen wirtschaftlichen Verwerfungen zwischen Russland und der EU sowie dem Westen insgesamt.

EZB glaubt selbst nicht an Senkung der Inflation

Selbst innerhalb der EZB wird offen gesagt, dass eine straffere Geldpolitik keinen senkenden Einfluss auf die Gaspreise haben wird. Verhindert werden sollen lediglich sogenannte Zweitrundeneffekte, also allgemein Preissteigerungen, die als Reaktion auf vergangene und in Erwartung kommender Kostensteigerungen entstehen. Es bleibt abzuwarten, ob selbst dieses Minimalziel erreicht werden kann und welche Auswirkungen höhere Zinsen auf das ab dem vierten Quartal erwartete Negativwachstum in der EU haben werden.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.