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Inflation im Herbst zweistellig? Bundesbankpräsident Nagel warnt

Die Verbraucherpreise sind im Juli um 7,5 % gestiegen. Damit ist das Ende der Fahnenstange nach Einschätzung von Joachim Nagel aber möglicherweise noch nicht erreicht. Der Präsident der Deutschen Bundesbank sieht im Herbst zweistellige Inflationsraten auf uns zukommen.

Vorübergehende Inflationsbremsen nicht ausreichend

Einige Inflationsbremsen wie das 9-Euro-Ticket stehen kurz vor ihrem Ende. Andere wie die Absenkung der Mehrwertsteuer für Gas sind geplant. In der Summe sind solche temporären Preisbremsen nicht ausreichend, um dem Trend steigender Preise nachhaltig entgegenzuwirken.

Deshalb könne, so Nagel, die Inflation im Herbst auf 10 % ansteigen und damit erstmals seit Jahrzehnten ein zweistelliges Niveau erreichen. Auch für das kommende Jahr gibt Nagel keine Entwarnung. Er erwartet allerdings für das Gesamtjahr 2023 eine Teuerung von „nur“ 6 % im Vergleich zu 2022. Der Anstieg entspricht immer noch einer Inflation, die dreimal so hoch wäre wie der von der EZB angestrebte Zielwert von 2 %.

Inflation in Deutschland zuletzt 1951 zweistellig

Bis vor Kurzem galten die 70er Jahre als das Jahrzehnt der höchsten Inflation in Deutschland. Zweistellig waren die Inflationsraten aber damals nicht. Die stärkste Geldentwertung wurde im Jahr des Ölpreisschocks 1973 mit 7,1 % erreicht, blieb also klar einstellig. Betrachtet man die Geldentwertung quartalsweise im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, gab es die letzte zweistellige Inflation im vierten Quartal 1951, also vor 71 Jahren.

Damals stieg die Inflationsrate kurzfristig auf 11 %, ging dann aber rasch und stark zurück. Für das Jahr 1952 lag der Wert insgesamt bei 2,1 %. Hinzu kommt, dass die deutsche Wirtschaft damals am Anfang einer starken Expansionsphase stand, die später als Wirtschaftswunder in die Geschichte eingegangen ist. Vom Ausblick auf eine vergleichbare Entwicklung kann heute keine Rede sein. Nach Einschätzung von Nagel macht die sich zuspitzende Energiekrise zunächst einmal eine Rezession im Winterhalbjahr wahrscheinlich.

Höhere Zinsen sollen es richten

Nagel und andere empfehlen eine weitere Straffung der Geldpolitik. So plädierte jüngst der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer im Handelsblatt für eine Zinsanhebung auf 4 %. Die EZB hatte im Juli erstmals seit 10 Jahren die Zinsen wieder angehoben. Der Anstieg betrug 0,5 %. Freilich bleiben die Zinsen damit immer noch im historischen Niedrigbereich.

Für den Einlagesatz der Banken bei der EZB bedeutet die Anhebung lediglich, dass keine Negativzinsen mehr anfallen. Das Hauptrefinanzierungsinstrument als das wichtigste geldpolitische Instrument der EZB wurde von 0 auf 0,5 % angehoben. Damit bleibt die EZB deutlich hinter der US-amerikanischen Fed zurück. Das Zielband für die Federal Funds Rate liegt bei 2,25 bis 2,50 %.

Gefahren durch höhere Zinsen

Höhere Zinsen sind immer ein zweischneidiges Schwert. Zweifellos können sie sich dämpfend auf die Inflation auswirken, aber auch ein schwaches Wirtschaftswachstum in eine Stagnation und eine Stagnation in eine Rezession verwandeln. Angesichts bereits bestehender Aussichten auf eine Rezession bergen starke Zinsschritte das Risiko einer entsprechend ausgeprägten Rezession.

Hinzu kommt, dass die Kosten für die Bedienung der Schulden durch deutliche Zinserhöhungen steigen, auch für den deutschen Staat. Der steht zwar weit besser dar als andere EU-Länder wie Italien. Bemerkbar machen würden sich die Kosten aber auch im Bundeshaushalt.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.