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Immer mehr Kontenabfragen durch Gerichtsvollzieher und Finanzbehörden

Manche Anleger werden durchaus den alten Zeiten nachtrauern, in denen es zum Beispiel in der Schweiz die sogenannten Nummernkonten gab. Diese wurden keineswegs nur für Steuerhinterziehungen genutzt, sondern gewährleisteten schlichtweg, dass Geld zumindest anonym angelegt werden konnte und der Datenschutz somit hoch war. Heute sind diese Zeiten nicht nur in der Schweiz vorbei, sondern insbesondere die deutschen Finanzbehörden führten in den vergangenen Jahren immer häufiger Kontenabfragen durch.

Prüfung von Kunden, Depots und Schließfächern immer öfter an der Tagesordnung

Untersuchungen zeigen, dass die Anzahl der Kontenabfragen, die durch die Finanzämter in Deutschland durchgeführt werden, innerhalb der letzten sechs Jahre deutlich angestiegen ist. Diese Zahlen stammen vom Bundesfinanzministerium, dürfen also nicht angezweifelt werden. Darüber hinaus gibt die Veröffentlichung weiterhin Aufschluss darüber, welche Kunden besonders oft von Abfragen betroffen sind und aus welchen Gründen. Wenn es um Anfragen seitens der Finanzbehörden geht, dann sind nahezu ausnahmslos die folgenden Verwahrmöglichkeiten von Geld und Guthaben die Ziele:

• Konten (vorwiegend Anlagekonten)
• Wertpapierdepots
• Schließfächer

Im vergangenen Jahr gab es beispielsweise über 1,1 Millionen solcher Kontenabrufe, was gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg von mehr als 10 Prozent gewesen ist.

Gerichtsvollzieher nehmen am häufigsten Kontenabrufe vor

Mit Abstand am häufigsten werden die Abrufe von Konten, Depots und Schließfächern von Gerichtsvollziehern veranlasst. Insgesamt waren es im vergangenen Jahr über 680.000 Abfragen, die durch Gerichtsvollzieher iniziiert wurde. Die Finanzbehörden rangieren demnach sogar mit Abstand auf Platz 2, denn hier waren es nicht einmal 300.000 Kontenabfragen. Dennoch war der Zuwachs von rund 27 Prozent sehr groß. Die restlichen Abfragen stammten insbesondere von den Sozialbehörden.

Ursprünglich Grund für Kontenabfragen tritt immer öfter in den Hintergrund

Eigentlich wurde das sogenannte Kontoabrufverfahren einmal ins Leben gerufen, damit die entsprechenden Finanzbehörden die Möglichkeit hatten, Gelder aufzuspüren, die entweder aus der Geldwäsche stammen oder für die Finanzierung terroristischer Zwecke genutzt werden. Mittlerweile allerdings scheint es ein Hauptgrund für die Kontenabrufe zu sein, auf diese Weise Steuerbetrüger zu identifizieren. Gleiches gilt für die Entdeckung säumiger Zahlungspflichtige, was den zuvor bereits aufgeführten enormen Anteil der Abfragen untermauert, die von Gerichtsvollziehern iniziiert wurden.

Was wird bei einem Kontoabruf mitgeteilt?

Es sind im Wesentlichen die folgenden Daten, die der jeweilige Anfragende, wie zum Beispiel ein Gerichtsvollzieher, bei einem veranlassten Kontoabruf mitgeteilt bekommt:

• Welche Konten, Depots oder Schließfächer sind vorhanden?
• Wann wurden die Konten eröffnet sowie eventuell aufgelöst?
• Anschrift des Kontoinhabers
• Steueridentifikationsnummer
• Wirtschaftsidentifikationsnummer

Immerhin: Zumindest werden weder Kontostand noch entsprechende Bewegungen auf den Konten oder Depots an die Behörden oder Gerichtsvollzieher übermittelt.

Kontenabfragen sind für Finanzämter, Gerichtsvollzieher und Sozialbehörden attraktiv

Unter anderem sind es technische Neuerungen und eine verstärkte Nutzung elektronischer Verfahren, die letztendlich dazu beitragen, dass die angesprochenen Kontenabrufe für die Anfragenden immer attraktiver werden. Ein Grund ist zum Beispiel, dass vor einigen Jahren der säumige Betrag reduziert wurde, ab dem ein Kontoabruf durch Veranlassung des Gläubigers überhaupt durchgeführt werden kann. Mittlerweile liegt die Grenze bei unter 500 Euro.

Darüber hinaus muss keineswegs bewiesen sein, dass beispielsweise eine Steuer nicht bezahlt werden soll oder es um Steuerhinterziehung gehen könnte. Stattdessen reicht die bloße Annahme aus, dass für die Behörden oder Gerichtsvollzieher relevante Infos nicht mitgeteilt werden sollen.

Kritik am Abruf der Konten in deutlich gestiegenem Umfang

Grundsätzlich sei natürlich gegen den Kontenabruf nichts einzuwenden, wenn dadurch unter anderem Steuerhinterziehung oder auch Geldwäsche entdeckt werden können. Allerdings wird von verschiedenen Seiten kritisiert, dass die Kontenabrufe dennoch immer in Abwägung erfolgen und angemessen sein müssen. Hier sind auch manche Datenschützer auf den Plan gerufen, denn aus Sicht einiger Experten gehen die Kontenabrufe mittlerweile, insbesondere von ihrer Anzahl her, schlichtweg zu weit.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.