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Die Leiden der einstigen Investmentbank-Größe Goldman Sachs

Der radikale Kurs der US-amerikanischen Notenbank, die einerseits konsequent den Leitzins erhöht und andererseits versucht, die eigene Bilanzsumme abzubauen, wirkt sich bereits seit Monaten auf die Märkte aus. Die simultan noch von einer grassierenden Inflation vor sich hergetrieben werden. Viele Experten sehen eine Rezession am Horizont, sofern die nicht sowieso schon eingetreten ist. Das geht, wie aktuelle Einblicke in das Zahlenwerk und die Situation vor Ort zeigen, selbst an einer Wall-Street-Ikone wie Goldman Sachs nicht spurlos vorbei.

Druck auf Goldman Sachs wächst weiter

Es ist gerade einmal rund 15 Jahre her, da hat die Wall Street durch die Lehman-Pleite ein großes Bankenhaus verloren. Nun steht es um Goldman schlecht, auch wenn die Alarmsignale längst nicht so prominent wie beim einstigen Lehman in den damaligen Zeiten des Verfalls sind. Trotzdem zeigt sich mittlerweile an allen Ecken und Enden: Goldman muss sparen – und zwar kräftig. Experten sprechen vom größten Sparprogramm der Wall-Street-Ikone seit der Banken- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008.

Aber wie konnte es so weit kommen? Goldman steht seit Jahrzehnten stellvertretend für die gesamte Elite des Investmentbankings, das Bankenhaus ist Ziel unzähliger Yale-, Harvard-, Princeton- und anderer Absolventen von Elite-Universitäten. Ein Teil davon wird sich bald neue Karrierewege oder zumindest einen neuen Arbeitgeber suchen müssen: Jüngst gab Goldman im Zuge des großen Sparprogramms bekannt, etwa 3.200 Stellen zu streichen. Ein Großteil davon entfällt auf die Standorte in London und New York – also keinesfalls kleinere Ableger, sondern die Vorzeigestandorte. Die 3.200 entlassenen Mitarbeiter machen rund 6 % der Belegschaft aus.

Experten sprechen von Fehleinschätzungen, die sich auch CEO David Solomon vorwerfen lassen muss, der seit dem Jahr 2018 am Ruder steht. Simultan sind die aktuellen wirtschaftlichen Verwerfungen ebenso relevant wie die am Kapitalmarkt. Goldman spezialisiert sich insbesondere auf den M&A-Sektor, kümmert sich also um Übernahmen und Fusionen. In Zeiten rapide fallender Kapitalmärkte, wie in 2022, kam das Geschäft aber vergleichsweise zum Erliegen. Simultan reduzierten sich durch die Bank weg die Marktwerte, was wiederum in verringerten Margen auf Seiten von Goldman Sachs resultiert.

Goldmans Spezialitäten waren 2022 nicht sonderlich gefragt

Die reduzierte Aktivität im M&A-Sektor ist das eine problematische Standbein, dem in 2022 der Halt unter den symbolischen Füßen weggezogen wurde. Ähnlich schlecht lief es im Investmentbanking, nicht nur aufgrund der fallenden Anleihen- und Aktienkurse, sondern auch weil Börsengänge weitgehend abgebrochen oder zumindest verschoben wurden. Dabei verdienen große Investmentbanken wie Goldman an Börsengängen viel Geld, wenn sie diese koordinieren.

Die jüngsten Zahlen von Goldman sehen entsprechend dürftig aus: Erträge im Investmentbanking fielen um 45 % im Vorjahresvergleich, die M&A-Aktivität reduzierte sich ebenfalls deutlich, weltweit um rund 40 %. Andere Großbanken, wie JPM oder Morgan Stanley, navigierten das Marktumfeld deutlich souveräner – und waren auch in Vorjahren schon rentabler.

Unschuldig ist Solomon als CEO an dieser Entwicklung nicht. Erst in der jüngeren Vergangenheit hatte sich die Großbank ins Konsumenten- und Verbrauchergeschäft gewagt. Unter dem Projektnamen „Marcus“ wurden Tages- und Festgeldkonten, Konsumkredite und automatisierte Anlagekonzepte vertrieben, was der Bank zwar etwa 14 Millionen Kunden, aber keine relevanten Erträge einbrachte. Tatsächlich sogar keine Gewinne, denn auch Jahre nach dem Start produziert „Marcus“ mehr als eine Milliarde Verlust im Jahr.

Sparkurs betrifft alle

Goldman zeigt sich nun geizig: Kosten für Dienstleister, Dienstreisen, Mitarbeiter-Boni und Events werden unter die Lupe genommen. Gab es im Jahr 2021 noch historisch große Boni für die Mitarbeiter, dürften diese indessen historisch stark fallen. Simultan ist jetzt nicht mehr sicher, ob das verbraucherorientierte „Marcus“-Programm jemals in Deutschland an den Start gehen wird, wo Goldman in Frankfurt eine eigene Filiale unterhält.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.