1x1 der Finanzen Blog

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Der Streit um den Solidaritätszuschlag könnte noch lange andauern

Der Streit um das Ende des Solidaritätszuschlags könnte möglicherweise nicht so schnell beigelegt werden, wie von vielen Deutschen erhofft. Zwar verhandelte der Bundesfinanzhof am 17. Januar eine Musterklage des Bundes der Steuerzahler (BdSt) und hat für den 30. Januar auch ein Urteil angekündigt, gleichwohl halten einige Experten den Verweis der Sache an das Bundesverfassungsgericht für denkbar. Tritt dieser Fall ein, könnte es noch Jahre dauern, ehe endlich Klarheit über die Abgabe herrscht, die vor allem Gutverdienern und Kapitalanlegern viel Geld kostet.

Die blühenden Landschaften blühen längst

Seit mehr als 30 Jahren sind deutsche Steuerzahler mit einer lästigen Sonderabgabe konfrontiert, welche auf die Beträge zur Einkommen-, Körperschafts- und Kapitalertragssteuer zusätzlich erhoben wird: dem Solidaritätszuschlag. Einst eingeführt unter dem Gedanken einer „Aufbauhilfe Ost“. Es sollten die desolaten Zustände auf dem Gebiet der ehemaligen DDR durch eine gemeinsame finanzielle Beteiligung aller Bundesbürger beseitigt und rasch „blühende Landschaften“ erreicht werden, wie es Altkanzler Helmut Kohl seinerzeit formulierte. Wer heute durch Deutschland reist, wird zugeben müssen: Die Anstrengungen sind weitgehend gelungen. Wo einst marode Bausubstanz und kaputte Straßen das Stadt- und Landschaftsbild prägten, ist ein Unterschied zum Westen längst nicht mehr feststellbar.

Daher wurde und wird die Notwendigkeit einer Fortführung des Solidaritätszuschlages auch mehr und mehr infrage gestellt. Zwar zahlen ihn heute nicht mehr alle Steuerpflichtigen, sondern ausschließlich die Bezieher hoher Einkommen sowie Menschen mit Kapitalerträgen oberhalb der Freibeträge, gleichwohl werden noch immer Jahr für Jahr Milliardenbeträge in die Staatskassen gespült. Geld, auf das der Fiskus ungern verzichten möchte – zumal es längst kein Geheimnis mehr ist, dass die Einnahmen statt dem „Aufbau Ost“ zu dienen, heute in viele andere Bereiche fließen.

„Erhöhter Finanzierungsbedarf wegen der Krisen“

Wenn es in der Verhandlung vor dem Bundesfinanzhof am 17. Januar einen Satz gab, bei dem nicht wenige Zuhörer mit dem Kopf geschüttelt haben dürften, so war das die Aussage des Beklagtenvertreters, Regierungsrat Dominik Ostheimer vom Finanzamt Aschaffenburg. Im Rahmen seiner Stellungnahme erklärte Ostheimer, dass die Klageabweisung unter anderem deswegen nötig sei, weil es in Anbetracht der Krisen einen erhöhten Finanzierungsbedarf des Bundes geben würde. Mit anderen Worten: Der Staat braucht das Geld, um seine aktuelle Politik zu finanzieren! Von den riesigen Summen für Masken- und Testbeschaffungen während der Corona-Pandemie über Strom- und Gaspreisbremsen bis hin zum Neuaufbau der Bundeswehr, die längst zu einem zahnlosen Tiger geworden ist, der viele Milliarden für die Sanierung seines maroden Gebisses benötigt.

Doch kann das sein? Darf das sein? Kann und darf der Staat nach eigenem Gutdünken den Steuerzahler weiterhin unter dem Deckmantel der einstigen „solidarischen Aufbauhilfe für die fünf neuen Bundesländer“ immer weiter zur Kasse bitten? Und mit dem Geld Dinge finanzieren, die mit dem Gebiet der ehemaligen DDR so wenig zu tun haben wie der Polarkreis mit dem Äquator? Darüber, ob eine derartige Änderung der einstigen Intention des Solidaritätszuschlages zulässig ist, wird nun also zu entscheiden sein.

Ein Tipp für Kapitalanleger: Gewinne später realisieren

Die Frage, ob der Solidaritätszuschlag noch verfassungsgemäß ist, wird vermutlich nicht so schnell feststehen, wie es den Steuerzahlern und Kapitalanlegern lieb wäre. Sollte der Bundesfinanzhof am 30. Januar kein abschließendes Urteil fällen oder sollte eine ergangene Entscheidung von einer der beteiligten Parteien angefochten werden, steht ein weiter Weg bevor, bis endgültig klar ist, ob diese seit 1991 bestehende Abgabe noch rechtens ist. Der einzige Trost für Kapitalanleger in diesem Zusammenhang: Wer seine Gewinne nicht zwingend jetzt realisieren muss, sondern gern noch abwarten kann, spart sich momentan sowohl die Abgeltungssteuer als auch den Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 Prozent. Je nach Anlageumfang kann das eine Menge ausmachen.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.