1x1 der Finanzen Blog

Wessen Haut steht auf dem Spiel?

Das größte Rätsel in unserer heutigen Gesellschaft ist der hinterlistige Übergang von Vor- und Nachteilen von einer Gruppierung auf eine andere, sodass die einen den Nutzen und die anderen den Schaden haben. Der Unterschied zwischen der heutigen Gesellschaft und früheren Gesellschaften liegt in dem Verschwinden einer speziellen Art von „Heldentum“. Wir geben Menschen, die für andere Risiken auf sich nehmen, keine Anerkennung mehr. Sie hätten diese aber verdient, da diese Menschen sich entschieden haben, einen Nachteil zugunsten von anderen auf sich zu nehmen. Damit verzichten sie auf bestimmte Vorteile. Heute ist oft das genaue Gegenteil der Fall. Ob Banker, Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, Politiker oder Beamter. Welche persönlichen Konsequenzen haben diese Berufsgruppen zu fürchten?

Verantwortungsvolle Entscheidungen durch echte Opfer

Es muss meines Erachtens wieder mehr darum gehen, echte Opfer zu bringen. Das englische Wort für „opfern“ ist „sacrifice“. Es stammt vom Wort „sacred“ ab, das „heilig“ bedeutet. In den alten Gesellschaften wurde die Würde eines Menschen und der Respekt, der ihm entgegengebracht wurde nur daran gemessen, in wie weit er bereit war, für andere Nachteile in Kauf zu nehmen. Die Mutigsten und Tapfersten bekleideten in diesen Gesellschaften den höchsten Rang: Ritter, Feldherren, Könige. Wenn ich mir die deutsche Regierung und den Bundestag anschaue, sehe ich nichts Heldenhaftes. Dort sitzen Menschen in ihren Glaspalästen und treffen Entscheidungen hinter ihrem Computer, die die Konsequenz haben, ein ganzes syrisches Dorf  aufgrund irgendwelcher Informationen in die Luft fliegen zu lassen. Ich nenne das durch Technik verborgene Feigheit. In welchem Verhältnis steht dieses Handeln mit den Idealen der Ritter und Samurai? Die in der Regierung getroffenen Entscheidungen werden verantwortungsvoller sein, wenn Menschen, die für einen Kriegseinsatz votieren, mindestens einen Nachkommen (ein Kind oder Enkelkind) haben müssen, der den Kampfhandlungen ausgesetzt ist.

Codex Hammurabi

Die Gesellschaft wird heute von rückgratlosen Politikern angeführt, die nur auf Umfragewerte starren und von Journalisten, die, um gut dazustehen, irgendwelche Geschichten erfinden, mit denen explosive Stimmungen in diversen Gesellschaftsschichten erzeugt werden. Es fällt leicht, irgendwelche Dinge zu sagen oder zu schreiben, wenn man nicht die eigene Haut riskiert! Bewahren Sie entsprechendes Augenmaß und hinterfragen Sie die Intention hinter diesen Aussagen und Prognosen. Heute wird häufig von krisenfesten Berufen gesprochen. Unkündbare Regierungsbeamte, Wissenschaftler, Sensations-Journalisten, Berufe im Gesundheitswesen und der Pharmaindustrie seine hier nur beispielhaft genannt. Diese Berufsgruppen haben keinerlei echte Konsequenzen für ihr Handeln oder Nichthandeln zu tragen. Der Codex Hammurabi, benannt nach einem babylonischen König, der 1.750 Jahren v.Chr. im heutigen Irak herrschte, ist mittlerweile 3800 Jahre alt. Es handelt sich dabei um eine der ältesten Gesetzessammlungen der Welt, die je gefunden wurden:

„Wenn ein Baumeister ein Haus baut und das Haus bricht zusammen und verursacht den Tod des Hausbesitzers, ist der Baumeister hinzurichten. Wenn der Zusammenbruch den Sohn des Hausbesitzers tötet, ist ein Sohn des Baumeisters hinzurichten.“ Quelle: wikipedia

Es hat den Anschein, als wären die Menschen vor 3800 Jahren deutlich weiter gewesen als wir heute. Der Idee hinter Hammurabis Codex: Der Baumeister weiß sehr viel mehr als jeder Sicherheitsgutachter, vor allem weiß nur der Baumeister genau, was im Fundament verbaut wurde. Dadurch wird Hammurabis Codex zur besten Risikomanagementregel überhaupt. Es geht hier nicht darum, im Nachhinein zu bestrafen, sondern Leben zu retten, indem von vornherein harte Konsequenzen für den Fall formuliert werden, dass andere durch die Ausführung einer Tätigkeit zu Schaden kommen. Selbst bei den Römern mussten Baumeister eine bestimmte Zeit unter der Brücke verbringen, die sie gebaut hatten. Jeder Meinungsmacher muss seine eigene Haut aufs Spiel setzen, für den Fall, dass jemand, der sich auf seine Information oder Meinung verlassen hat, zu Schaden kommt. Außerdem sollte jeder, der eine Vorhersage oder eine wirtschaftliche Analyse vorstellt, etwas dabei zu verlieren haben, denn schließlich verlassen sich andere auf seine Prognosen. Es muss ja nicht gleich das Leben sein. Keine Meinung ohne Risiko, kein Risiko ohne Aussicht auf Gewinn.  Leider führt die heutige Wissensgesellschaft im Informationszeitalter zu einer Trennung von Wissen und Handeln. Noch nie standen Menschen, die reden und nicht heldenhaft handeln, stärker im Licht der Öffentlichkeit und spielten dort eine größere Rolle als heute. Eine verkehrte Welt.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.