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Versteckte Schulden – droht ein neuer Minsky-Moment?

Im Finanzsektor bleibt das Risiko weiterhin hoch. Schuld daran sind aber nicht unbedingt die Banken, sondern vielmehr andere Finanzmarktakteure.

Die Banken verfolgen aktuell einen Anti-Inflationskurs, jedoch ist die Gefahr noch nicht gebannt. Das Finanzsystem bleibt angreifbar und so warnt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in ihrem letzten Quartalsbericht. Als Beispiel für die Risiken führt die BIZ, die als Bank der Notenbanken fungiert, die starke Volatilität der britischen Staatsleihen im September an.

Die britische Regierung wollte die Steuern senken, die Energie subventionieren und die Haushaltslage verbessern. Ihre Pläne führten zu einem Abverkauf am Devisen- und Anleihemarkt, wodurch die britischen Pensionsfonds in Not gerieten. Um die Renditen zu drücken, musste die Bank of England daraufhin britische Anleihen kaufen. So sieht die BIZ sich vor der Herausforderung, durch weitere Zinserhöhungen die Inflation eindämmen zu müssen.

Problematische Finanzintermediäre

Claudio Borio, der Chefvolkswirt der BIZ, stuft das Finanzsystem dank der aufsichtsrechtlichen Reformen nach der letzten Finanzkrise 2008/2009 als stabil ein. Entscheidend sind hier die soliden Eigenkapitalpuffer, die den Banken in schwierigen Zeiten ihre Stabilität sichern sollen.

Das eigentliche Problem sieht Borio in den sogenannten Schattenbanken. Dabei handelt es sich um die nicht oder wenig regulierten Finanzmarktteilnehmer wie Hedgefonds, Versicherer oder Altersvorsorgeeinrichtungen. Diese bezeichnet die BIZ als Nichtbanken-Finanzintermediäre.

Aus dem Quartalsbericht geht hervor, dass der hohe Schuldeneinsatz bei aktuell illiquiden Märkten, in denen lediglich ein eingeschränkter Handel möglich ist, nicht nur für die Pensionsfonds kritisch ist. Es entstehen daraus Risiken für die allgemeine Finanzstabilität.

Der Corona-Crash als Warnzeichen

Man konnte die problematische Entwicklung während des Corona-Crashs im März 2020 erkennen. Damals gerieten die Hedgefonds für amerikanische Staatsanleihen in Bedrängnis. Die amerikanische Notenbank Federal Reserve musste damals einschreiten, um kritische Abverkäufe auszugleichen, die die Finanzstabilität am größten Wertpapiermarkt der Welt gefährdeten.

In der langen Niedrigzins-Periode suchten Investoren nach guten Renditen, mit dem Resultat, dass zahlreiche Finanzmarktteilnehmer hohe Schulden auftürmten, so die BIZ. Herrscht auf dem Markt geringe Liquidität und die Zinsen steigen schnell an, hat das nachteilige Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Märkte.

Dadurch entsteht Druck auf die Notenbanken. Diese geraten in die Lage, Maßnahmen ergreifen zu müssen, um die Lage zu entschärfen. Zu den Maßnahmen gehören breit angelegte Anleihekäufe, die der derzeit restriktiven Geldpolitik etwas entgegensetzen. Außerdem befürchtet die BIZ, dass die Marktteilnehmer langfristig risikofreudiger werden.

Ende Oktober wurde die 2022 Triennal Central Bank Survey veröffentlicht. Dabei handelt es sich um eine Devisenmarktuntersuchung, die in einem dreijährigen Rhythmus durchgeführt wird. Darin zeigen die BIZ-Volkswirte Risiken auf, die durch Veränderungen in den Marktstrukturen und Handelsmustern entstanden sind. Unter anderem gibt es versteckte Dollar-Risiken aus Devisentauschgeschäften (Swaps), die sich auf 80 Billionen Dollar belaufen. In den Bilanzen der betreffenden Unternehmen sind diese Risiken allerdings nicht enthalten.

26 Billionen Dollar dieser Risiken betreffen Nicht-Banken außerhalb der USA und 39 Billionen Dollar entfallen auf Nicht-US-Banken, die über einen begrenzten Zugang zur amerikanischen Notenbank verfügen. Diese Zahl ist mehr als doppelt so hoch wie die ausgewiesenen 15 Billionen Dollar Schulden in den Bilanzen. 

Die signifikanten Schulden könnten schlimmstenfalls zu einem neuen Minsky-Moment führen, also einem plötzlichen Zusammenbruch von Vermögenswerten. Dieser markiert in der Regel das Ende einer Wachstumsphase in einem Kreditmarkt-Zyklus.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.