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Steigende Zinsen kommen in der Realwirtschaft an – wie ein Frühindikator beweist

Seit dem Frühjahr 2022 befindet sich die Europäische Zentralbank auf einem Kurs der stetigen und aggressiven Zinserhöhungen: Betrug der Leitzins 2016 noch 0 Prozent, waren es im Juli 2022 schon 0,5 Prozent und aktuell 3,5 Prozent – Tendenz weiter steigend! Die realwirtschaftlichen Folgen machen sich mittlerweile, in ganz unterschiedlichen Wirtschaftszweigen, immer stärker bemerkbar und geben Anlass zur Sorge. Stehen wir vor einer Rezession?

Indikator für Konjunkturerwartung im freien Fall

Mehrmals jährlich veröffentlicht das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (kurz: ZEW) in Mannheim den hauseigenen „ZEW-Indikator“. Dieser gilt als ein wichtiger Frühindikator, da er die Stimmung in der Realwirtschaft authentisch einfängt. Hierfür befragt das Mannheimer Institut ein Kollektiv von verschiedenen Vertretern aus Branchen wie Versicherungen, Banken, Steuerberater und generell Finanzabteilungen in Großunternehmen und Konzernen.

Der ZEW-Indikator fiel im April nun überraschend stark auf nur noch 4,1 Punkte. Das steht im starken Kontrast zum bisherigen Verlauf. Bis zum März stieg die ermittelte Punktezahl des Indikators nämlich sukzessive an. Selbst Analysten hatten nicht mit einem derartigen Einbruch gerechnet. Sie gingen im Mittel von einem Punktestand von 15,6 Punkten aus – den die Erwartungshaltung der Realwirtschaft offensichtlich maßgeblich verfehlte.

Zum Ergebnis äußerte sich auch ZEW-Präsident Wambach. Er bemerkte an, dass das Ergebnis unter anderem aus der jüngeren Verunsicherung im Bankenwesen resultiert, aber auch aus dem steigenden Zinssatz und damit der restriktiven Geldpolitik der Notenbanken. Die hohe Inflationsrate spielt natürlich ebenso ein. Denn sie reduziert die Kaufkraft und Konsumlaune von Verbrauchern und wirkt sich damit auf der Wirtschaftsseite als umsatzmindernd aus. So sehen viele der Befragten zwar nicht unbedingt eine große globale Krise, aber befürchten dennoch eine (tiefgreifende) Rezession. Hören Sie dazu auch meinen Podcast vom letzten Jahr:

Warum fällt der ZEW-Indikator erst jetzt?

Man könnte meinen, Indikator und Ausblick von Führungskräften hätten schon früher deutlich negativer ausfallen können. Drei Aspekte hielten den Indikator bisher oben: Einerseits gingen viele Befragte noch letztes Jahr von einem weitaus schneller endenden Krieg in der Ukraine und einer eher temporären Inflation aus – beides hat sich nicht bewahrheitet. Des Weiteren benötigen Zinserhöhungen der Notenbanken normalerweise rund 12 bis 18 Monate, bis sie in der Realwirtschaft tatsächlich „ankommen“. Das wiederum liegt daran, dass bereits zu niedrigeren Zinsen generierte Liquidität zunächst aufgebraucht werden muss, damit diese dann wiederum Schritt für Schritt durch das nun „teurere“ Geld (mit hohem Zinssatz) ersetzt wird.

Finanzierungen werden teurer – zu teuer für die Wirtschaft?

Es gibt einen schmalen Grat zwischen Inflationsbekämpfung und dem vollständigen Abwürgen der wirtschaftlichen Aktivität. Letzteres ist eine bevorstehende Gefahr, die schlimmstenfalls mit einer Depressionsphase, mindestens aber mit einer Rezession einhergeht. Wie einige Zahlen aufzeigen, könnte das Zinsniveau schon jetzt sowohl für Unternehmen als auch Privatverbraucher zu hoch für große Investitionen sein. Die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland ist seit dem Frühjahr 2022 rückläufig – also exakt von dem Punkt an, an dem die Zinsen stetig erhöht wurden.

Auch Unternehmen kommen immer schlechter an Fremdkapital: Anleihenmärkte spiegeln das höhere Zinsniveau ebenso ab, wie Kredite bei Haus- und Wirtschaftsbanken teurer geworden sind. Einige Banken halten sich, in Anbetracht der noch relativ wackeligen Situation, bei der Kreditvergabe generell zurück. Das spiegelt ein weiterer ZEW-Indikator ebenfalls ab. Der widmet sich dem Ist-Stand, also der aktuellen Situation – und fiel von einem negativen Punktestand von 45,1 auf nun negative 46,5.

Für Anleger ist damit, was Investitionen anbelangt, mitunter Vorsicht geboten. Im Gegenzug könnten wertstabile, von der negativen Wirtschaftslage entkoppelte Anlagegüter, wie Gold, noch attraktiver werden.

Vereinbaren Sie mit uns ein kostenfreies Beratungsgespräch: Telefon 035752 9495 10 oder info@noble-metal-factory.de.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.