1x1 der Finanzen Blog

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Steigende Tagesgeldzinsen: Wirklich gute Zeiten für Erspartes?

Nach einer langen Phase mit Null- und Negativzinsen gibt es endlich wieder Erträge für Guthaben auf Tagesgeldkonten. Kreditinstitute wie die ING, die Targo- oder die Volkswagenbank bieten aktuell bis zu 2,4 Prozent pro Jahr für Erspartes mit täglicher Fälligkeit an. Zugleich sträubt sich fast die Hälfte aller deutschen Geldhäuser weiterhin beharrlich, ihren Kunden angemessene Offerten zu unterbreiten. Rund 49 Prozent der deutschen Banken und Sparkassen bleiben beim Nein zur Tagesgeldverzinsung. Durch die Eröffnung eines neuen Kontos bei einer anderen Bank könnten Sparer unter Umständen zwar viel zusätzliches Geld einstreichen. Was selbst eingefleischte Zinshopper dabei aber leider oft vergessen: Auch die derzeit angebotenen „guten“ Konditionen können den rasanten Entwertungsprozess nicht stoppen, der ihr Erspartes bedroht. Lohnt sich ein Tagesgeldkonto für Sparer?

Tagesgeldkonto – für alle Kunden?

Wer einen Blick in die Vergleichsportale für Tagesgeldkonten wirft, ist zunächst recht angetan von den Konditionen für Erspartes. Auf den zweiten Blick jedoch findet sich dort fast immer der Hinweis, dass die fettgedruckten Zinssätze nur für Neukunden gelten und obendrein zeitlich befristet sind. Auch ist mitunter der Höchstbetrag begrenzt, für den die hohen Zinsen gewährt werden. So bietet beispielsweise momentan die 1822direkt, ein Tochterunternehmen der Frankfurter Sparkasse, seine „Sonderverzinsung“ für Erspartes in Höhe von 2,0 Prozent (Stand 02.03.2023) nur jenen Interessenten an, die innerhalb der letzten drei Jahre nicht Kunde dieser Bank waren.

Zudem gibt es die 2 Prozent auf Erspartes nur 6 Monate lang und auch nur bis zu einem Höchstbetrag von 100.000 Euro. Nach dieser Zeit oder für Beträge oberhalb der genannten Grenze müssen sich die Anleger mit geringen 0,3 Prozent begnügen. Die 1822direkt ist hier aber kein Einzelfall: Fast alle Banken nennen im Kleingedruckten ähnliche Einschränkungen. Die Freude über Zinserträge auf Erspartes dürfte für die Kunden somit nur von kurzer Dauer sein.

Immenser Kaufkraftverlust trotz hoher Zinsen

Auch wer das große Glück hat, eine Bank mit langfristig guter Verzinsung von täglich verfügbarem Guthaben zu finden, ist genau genommen nicht viel besser dran. Denn das ganze Ausmaß der gegenwärtigen Geldentwertung wird spätestens dann deutlich, wenn man einen Blick auf den sogenannten Kaufkraftverlust wirft.
Ein Beispiel: Angenommen, ein Sparer verfügt derzeit über einen Betrag von 100.000 Euro, der auf seinem Tagesgeldkonto mit Zinsen von 2,4 Prozent verzinst wird. Nach 5 Jahren sind aus den 100.000 Euro stolze 112.736 Euro geworden, den Zinseszins eingerechnet. Was auf den ersten Blick sehr positiv erscheint, hat aber einen gewaltigen Haken. Denn gleichzeitig sinkt die Kaufkraft des Vermögens unseres Sparers bei einer angenommenen Inflationsrate von – vorsichtig angesetzten – 7 Prozent um mehr als 30.000 Euro. Es bleibt somit ein Realverlust von über 20.000 Euro – ein Fünftel des Gesamtvermögens! Insofern können auch die jetzt wieder gestiegenen Zinsen auf Tagesgeldkonten nicht verhindern, dass die Kaufkraft des eigenen Vermögens enorm sinkt.

Welche Alternativen gibt es?

Angesichts des krassen Gegensatzes von angebotenen Tagesgeldzinsen und durch die hohe Inflationsrate drohenden Kaufkraftverlust stellt sich die Frage nach Alternativen. Allein die Commerzbank und die Comdirect betreuen zusammen etwa 11 Millionen private Kunden. Die ING weitere 9 Millionen und die DKB noch einmal 5 Millionen Kunden. Also eine sehr große Menge von Anlegern, die auf der Suche nach Alternativen sein sollten. Dass es bei den Konditionen für Festgeldanlagen nicht wesentlich freundlicher aussieht und dort zusätzlich die Gefahr einer langfristig viel zu niedrigen Verzinsung besteht, macht die Sache nicht einfacher.

Im Grunde kämen daher nur noch Investments in Anleihen, Aktien, Immobilien und Edelmetalle infrage, um Erspartes vor Verlusten zu schützen. Auf welche der genannten Möglichkeiten die Wahl letztlich fällt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Da sich sowohl der Aktien- als auch der Immobilienmarkt derzeit jedoch mit unrealistisch hohen Bewertungen präsentiert und Anleihen aufgrund momentaner Staats- und Wirtschaftskrisen längst nicht mehr auf dem Niveau früherer Sicherheiten zu verorten sind, bleiben eigentlich nur die uralten und bewährten Größen: Gold, Silber, Platin und Palladium. Wer auf diese Form der Anlage setzt, dem können die Zinsen aufs Tagesgeld dann eigentlich auch ziemlich schnuppe sein.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.