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Notenbanken verlangsamen Zinserhöhungen – Einsturzgefahr an den Börsen?

Vor einem Jahr haben sich die Notenbanken der westlichen Welt auf eine rigorose Bekämpfung der Inflation verständigt. Nun scheint diese Strategie bereits zu bröckeln, wie aus der jüngsten Konferenz mit FED-Chef Powell ebenso wie an der angekündigten Verlangsamung der Zinsschritte zu erkennen ist. Das könnte an den Börsen für Einsturzgefahr sorgen.

Die Inflationsrate ist weiterhin höher als offiziell angegeben

Eines steht fest: Die Inflation ist immer noch da. Zwar zeigen verschiedene Indikatoren auf einen Rückgang, hier ist aber zu bedenken, dass diese ihren relativen Prozentsatz anhand des jeweiligen Vorjahreswertes im selben Monat errechnen. Wenn die aktuell gemessene Inflation also beispielsweise 6 % beträgt, dann sind das zwar weniger als die 9 % vor einem Jahr, aber die 6 % sind auf die zuvor schon stattgefundenen 9 % aufzuschlagen.

Ungeachtet dieser Situation erleben Aktien und andere Risiko-Assetklassen seit dem Jahreswechsel einen neuerlichen Höhenflug. Ihren Zenit, den sie vorläufig zum Zeitpunkt der massiv expansiven Geldpolitik und dem Null-Zins-Niveau erreichten, haben sie zwar noch längst nicht erklommen. Sie befinden sich aber zumindest auf dem Weg dahin. Währenddessen kündigte Jerome Powell jüngst eine zu erwartende Verlangsamung der Zinsschritte an. Zuletzt wurde der Zins bereits nur noch um 0,25 % gesteigert, von den ehemals 0,5+-Prozent-Zinsschritten im Vorjahr.

Das ließ Institutionelle und Anleger gleichermaßen aufhorchen, denn einerseits darf unterstellt werden, dass der Zenit bei den Zinsen vielleicht schon bald erreicht ist, anderenfalls lässt sich nicht ausschließen, dass vielleicht schon in diesem Jahr die Zinsen wieder reduziert werden. Dagegen sprach sich Finanzministerin Yellen aus, die für weitere Zinssteigerungen argumentiert, nachdem der US-Arbeitsmarkt eine erstaunliche Resilienz darbot – und sich die US-Arbeitslosenquote sogar auf dem tiefsten Stand der letzten Jahrzehnte befindet.

Die Notenbanken führen uns in Geld-Krisen und wieder hinaus

Seit Jahrzehnten schon sind es die Notenbanken, die die Welt einerseits in die Krise führen und dann durch ihre massiv expansive Geldpolitik scheinbar wieder aus der Krise heben. Gleichzeitig steigt die Verschuldung der westlichen Staatshaushalte, was vor allem unter steigenden Zinsen zu hohen Kosten führt. Zwar wird die effektive Last durch die ebenfalls zuletzt sehr hohe Inflationsrate gedämpft, trotzdem streiten gerade aktuell die USA, wieder einmal, um eine notwendige Anhebung des Schuldendeckels.

An der Börse könnte es im weiteren Verlauf mindestens zu einem starken Wackeln, vielleicht sogar zu einem Einbruch kommen. Viele „Zombie-Unternehmen“, die überhaupt nur noch aufgrund der expansiven Geldpolitik und den damit einhergehenden niedrigen Zinsen der letzten Jahrzehnte existieren, sind nach wie vor aktiv und befinden sich mittendrin im wirtschaftlichen Gesamtprozess. Ein „reinigendes Gewitter“ ist durch die Zinssteigerungen also nicht entstanden, wovon aber auch nicht auszugehen ist, wenn jetzt schon wieder Gerüchte um Zinssenkungen und Zinsgipfel die Runde machen.

Erstaunliche Börsen-Euphorie kurz vor dem Absturz

Die Quartalszahlen der großen Konzerne enttäuschen, Margen schrumpfen und die Privatverschuldung steigt konsequent an, während in der Ukraine immer noch ein Krieg tobt und die Inflation alles andere als Geschichte ist. Angesichts dieser Umstände ist es erstaunlich, wie viel Euphorie bereits wieder an der Börse herrscht. Diese Euphorie könnte plötzlich zum Erliegen kommen, wenn die Inflation wieder ansteigt und sich herausstellt, dass die Zinsen noch viel weiter steigen müssen. Dann ist ein Absturz an den Börsen vorprogrammiert – der durchaus noch heftiger als der am Anfang der Corona-Pandemie ausfallen dürfte.

Sind die angekündigten Kursgewinne für 2023 realistisch?

Die meisten Banken sagen für das laufende Jahr 2023 wieder Kursgewinne voraus. Ein Blick auf die extrem hohe fundamentale Überbewertung der Börsen sowie alle makroökonomischen Frühindikatoren zeigen deutliche Rezessionstendenzen. Kurzfristig ist an den Finanzmärkten bekanntlich fast alles möglich. Mittel- und langfristig zieht ein gewaltiger Sturm auf. Das Chance-Risiko-Verhältnis ist meines Erachtens ausgesprochen schlecht.

Bis jetzt hat die laufende Aktienbaisse der letzten Monate nur die Spitze des Eisberges abgetragen. Damit wurden die extremen Übertreibungen des Jahres 2021 abgebaut. Die Gemengelage von enormer weltweiter Verschuldung in Kombination mit gestiegenen Zinsen lässt Pleiten von Unternehmen und Staaten immer wahrscheinlicher werden. Der nächste Schwarze Schwan kommt bestimmt. Von Aktien sollten konservative Anleger vorerst die Finger lassen. Nur der Rohstoff- und Edelmetallmarkt befinden sich in einem gesunden Zustand. Hier liegen enorme Chancen.
Dazu empfehle ich meinen Podcast: Rohstoffe – Wann lohnt sich eine Investition – und für wen?

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.