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Goldkäufe steigen massiv – Großteil der Käufer unbekannt

Krisen haben stets eines gemein: Sie schüren Ängste und sorgen dafür, dass nach möglichen Auswegen für die Notfallsituation gesucht wird. Dieses Phänomen lässt sich derzeit auch mit Blick auf die Notenbanken beobachten, die so viel Gold aufkaufen, wie schon seit vielen Jahren nicht mehr. Doch warum steht ausgerechnet Gold derzeit so hoch im Kurs und welches Ziel verfolgen die unterschiedlichen Notenbanken?

Goldkäufe steigen infolge von Inflation und Krieg

Als krisensicheres Edelmetall galt Gold über viele Jahre hinweg als bewährte Anlage für Privatpersonen. Angesichts des Krieges in der Ukraine, der Coronapandemie sowie der darauf resultierenden Inflation in vielen Ländern, haben sich unlängst auch zahlreiche Notenbanken für den Kauf des Edelmetalls entschieden. Die Folge ist ein regelrechter Kaufrausch. Allein im dritten Quartal des Jahres 2022 kauften die weltweiten Notenbanken zusammengerechnet 399 Tonnen Gold auf. Bei Betrachtung der vergangenen elf Jahre wird deutlich, warum diese Zahl so besonders ist. Seit dem ersten Quartal 2011 lag die durchschnittlich durch Notenbanken gekaufte Menge Gold pro Quartal in der Regel zwischen 100 und 200 Tonnen. Selbst zu Beginn des Jahres 2022 wurde der Wert von 200 Tonnen nicht überschritten.

Dass der Goldmarkt derzeit so stark in Bewegung ist, ist in erster Linie einigen wenigen Ländern geschuldet. Allein die Türkei kaufte im dritten Quartal 2022 31 Tonnen Gold auf. Gemeinsam mit Usbekistan und Indien ist das Land somit für knapp 20 Prozent aller Goldkäufe während dieses Zeitraums verantwortlich.

Grund für die stark erhöhten Goldkäufe ist Umfragen zufolge die Stabilität des Edelmetalls. So gilt Gold gemeinhin als krisensichere Anlange ohne Ausfallrisiko, wohingegen Staatsanleihen oder Bankeinlagen stets Risiken mit sich bringen. Dies wird angesichts der Entwicklungen seit Beginn des Krieges in der Ukraine deutlich. Während andere Anlagen drastisch an Wert verloren haben, verzeichnet der Goldkurs lediglich einen Rückgang um drei Prozent.

Großteil der Käufer unbekannt

Während Länder wie die Türkei offen mit ihren Käufen umgehen, bleiben viele Käufer im Verborgenen. Entsprechend halten sich seither zahlreiche Spekulationen darüber, welche Nationen zu den stillen Goldkäufern gehören. Eine Spur führt jedoch nach Russland und nicht wenige Experten vermuten hinter den Transaktionen einen Versuch der finanziellen Zeitenwende.

Russland sieht sich seit dem Angriff auf die Ukraine im Februar strengen Sanktionen ausgesetzt. So wurden unter anderem zahlreiche Konten eingefroren und das Land selbst vom internationalen Dollarsystem getrennt. Da Russland somit auch wirtschaftspolitisch isoliert ist, erscheint die Investition in Edelmetalle sinnvoll. Ferner lassen sich etwaige Bestände nicht so einfach konfiszieren wie Gelder auf eingefrorenen Konten.

Da die russische Zentralbank seit dem Februar ihre Goldkäufe nicht mehr offiziell meldet, bleibt es reine Spekulation, ob und inwiefern Russland während der letzten Monate Gold gekauft hat. Allerdings folgte bereits nach der Annexion der Krim ein regelrechter Goldrausch seitens Russlands. Gut möglich, dass erneut insbesondere das im eigenen Land gewonnene Gold aufgekauft wird, ehe es die internationalen Märkte erreicht.

Neben Russland kommt auch China infrage

Das Interesse Russlands am Gold lässt sich auch aus anderen Perspektiven erklären. Da sämtliche Sanktionen es zunehmend schwerer machen, internationalen Handel zu betreiben, ist Russland händeringend auf der Suche nach Alternativen. Mit Ländern wie der Türkei, Usbekistan oder China gibt es weiterhin starke Handelsbeziehungen. Als Währung ist Gold daher ein wichtiges Gut.

Doch auch China könnte selbst zu den heimlichen Goldkäufern zählen. So will sich das Land krisensicher aufstellen und seine Reserven zudem in Sicherheit wissen. Da die chinesische Regierung den Westen in vielerlei Hinsicht als politischen und wirtschaftlichen Gegner ansieht, wundern die Transaktionen auf dem Goldmarkt wenig. Dies würde auch erklären, warum seit Beginn des Jahres 2022 fast 500 Tonnen des Edelmetalls aus englischen Banken verschwanden und in Richtung ihrer Heimatländer beordert wurden. Ein nicht unerheblicher Teil dürfte dabei nach China verschickt worden sein, um sich unabhängiger vom internationalen Finanzmarkt zu machen.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.