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Deutsche besitzen mehr Gold als die Bundesbank – ein Erklärungsversuch

Deutsche kaufen weiter fleißig Gold – und avancieren auch international zum Spitzenreiter

Deutschlands Bürger sind seit jeher Edelmetallen angetan – in der jüngeren Vergangenheit wurde das aber noch einmal besonders deutlich. Mittlerweile führen die Deutschen mit großem Abstand die Netto-Käufer-Rangliste für das wertvolle Edelmetall an. Wie sicher ist eine solche Absicherung gegenüber der Inflation? Und gibt es mitunter eine „staatsgemachte“ Gefahr?

Mit Gold gegen die Inflation

Inflationäre Tendenzen waren zumindest in einigen Lebensbereichen lange verschwunden. Wo sich die Inflation vor allem bemerkbar machte, war am Finanzmarkt. Denn auch Aktien- und Anleihenbewertungen zählen zum allgemeinen Preisniveau und müssten theoretisch in der Bemessung der Inflationsrate berücksichtigt werden. Besonders gut lässt sich das in den letzten Jahrzehnten an den rasant steigenden Immobilienpreisen ablesen, die es heute schon vielen jungen Deutschen de facto unmöglich machen, jemals ein Eigenheim zu besitzen. Einen nicht weniger imposanten Anstieg legten andere Kapitalmärkte hin, vom Aktienmarkt, über den Kryptomarkt bis hin auch zum Goldmarkt.

Das Edelmetall genießt seit jeher einen Ruf als zuverlässiger Inflationsschutz und lässt sich, in physischer Form, sogar in Eigenregie verwahren – anders als bei beispielsweise ETCs, ist dafür kein Vertrauensvorschuss gegenüber dem Emittenten des Papiers erforderlich. Wie beliebt Gold aktuell ist, zeigt ein Blick auf den Goldpreis. Speziell in Deutschland ist es hingegen sinnvoller, sich die Zukäufe im Jahr 2021 anzuschauen. Nach aktuellen Erhebungen kauften Deutschlands Bürger allein in den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 weit mehr als 90 Tonnen Gold in Münz- oder Barrenform. Das ist wiederum einem jüngst veröffentlichten Bericht des renommierten Forums „World Gold Council“ zu entnehmen. 

Deutschlands Goldkäufer mit neuem Rekord

Die Zahl markiert einen weiteren Rekord: Zuletzt kauften die Deutschen im Jahr 2009 so viel physisches Gold. Auch damals war es die Angst vor der Wirtschaftskrise sowie dem für Griechenland notwendigen Rettungsschirm, der nicht nur Währungsängste schürte, sondern auch Erinnerungen an inflationäre Zeiten wieder aufkeimen ließ. Eine ganz ähnliche Angst geht nun offensichtlich erneut um. Die Deutschen fürchten, aufgrund der während der Coronapandemie großzügig ausgeschütteten Hilfsgelder, eine massive Inflation. Diese zeigt sich bereits im laufenden Jahr mit offiziell etwa 4 % – wobei der Wert bis zum Jahresende freilich noch steigen kann.

Nicht in solch einem Verhältnis gestiegen sind hingegen die Löhne und Gehälter. Für viele Menschen, vor allem mit geringerem Einkommen, ist der inflationäre Schub eine potentielle Existenzbedrohung. Sollte die Inflation weiter ausufern, wird es aber nicht nur diese treffen. Dauerhaft zweistellige Raten würden ebenso auch den Mittelstand erodieren – und jegliches Barvermögen oder Bankguthaben, das nicht zusammen mit der Inflation wächst. Folglich darf man den Deutschen als Europas größte Goldkäufer mit Sicherheit vorausschauendes Handeln unterstellen – sie versuchen sich, mit dem historisch besten Inflationsschutz überhaupt, gegen eine zu starke Inflation zu schützen.

Eben jene Inflation ist mittlerweile auf dem höchsten Wert seit drei Jahrzehnten angelangt. Ob diese temporär ist, vor allem mit Hinblick auf die explodierten Rohstoffpreise und die massiven internationalen Transportkosten, ist keinesfalls sicher. Die Deutschen sind außerdem seit jeher das Volk, das besonders sensibel auf jegliche Anzeichen von Inflation reagiert. Kaum verwunderlich, überlebt eine deutsche Währung historisch kaum länger als knapp zwei Jahrzehnte. Zugleich war es die Weimarer Republik, die die Generation heute zwar nie erlebt, wohl aber ausgiebig von ihr gelernt hat, die mit ihrem inflationären Schub unzählige Menschen in den Ruin trieb.

Wie sicher ist das Gold in Eigenverwahrung?

Erhebungen zeigen, dass Goldbarren etwa zwei Drittel des gekauften Edelmetalls ausmachen, das andere Drittel entfällt auf Münzen. Eine weitere Frage, mit denen sich Deutschlands Goldkäufer ebenfalls befassen sollten, widmet sich der Sicherheit des Edelmetalls. Laut §14 GG gibt es in Deutschland nicht nur den Leitspruch „Eigentum verpflichtet“, auch darf Eigentum des Individuums zum Wohle der Allgemeinheit enteignet werden werden. Wundern Sie sich also nicht, wenn der Staat in der nächsten Zeit Zugriff auf ihr Vermögen vornimmt. Mit der ständigen Inflationierung unserer Währung findet tatsächlich eine permanente Enteignung bereits statt. 

Das Gold unter dem Kopfkissen zu haben, ist bestenfalls eine Möglichkeit, wenn es da als Geheimnis verwahrt wird. Sobald ein Nachbar oder die öffentliche Hand davon erfahren, ist es prinzipiell auch pfändbar. Das gilt natürlich auch bei Mengen, die sowieso bereits beim Kauf registriert wurden. Das Bankschließfach ist ebenfalls nicht sonderlich sicher, denn da kann der Staat per Gesetz besonders leicht Zugriff erhalten – und bekommt die Goldmünzen und -barren im wahrsten Sinne des Wortes „auf der Tafel“ präsentiert.

Eine absolut sichere Verwahrung, fernab vom Zugriff des deutschen Staates, ist auch in der EU nicht möglich, denn Brüssel könnte leicht intervenieren und den gesetzlichen Rahmen für landesübergreifende Enteignungen schaffen. Sicher ist das Gold daher nur in einem souveränen Staat außerhalb der EU, beispielsweise in der Schweiz oder Großbritannien. Beide Länder sind bekanntlich kein Teil der EU. Anleger sollten lediglich darauf achten, dass sie im Ernstfall schnell und unbürokratisch Zugriff auf ihr Gold erhalten.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.