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DAX enttäuscht langfristige Anleger: ein genauer Blick auf den deutschen Leitindex

Seit der Jahrtausendwende hat sich an den Börsen und ebenso am größten deutschen Index viel getan – zum Beispiel befinden sich im DAX mittlerweile 40 Titel, statt noch wie vor wenigen Jahren 30. Auch den Auf- und erneuten Abstieg von vielen Wachstumstiteln hat der DAX seither mitgemacht, Titel wie Delivery Hero, die nach ihrem kurzen Gastspiel wieder in den MDAX verschwanden, dienen hier als Beispiel, Wirecard und die Implosion des jahrelangen Betrugskonzerns ist ebenso längst nicht vergessen. Was bei vielen Anlegern bleibt, ist die pure Enttäuschung.

Unterscheidung zwischen dem DAX Kurs- und Performance-Index

Noch vor dem genauen Blick auf den DAX darf eine Eigenheit des deutschen Leitindex hier nicht unerwähnt bleiben. Anders als beispielsweise der US-amerikanische S&P 500 oder der technologielastige NASDAQ ist der DAX standardmäßig nämlich ein Performance-Index. Das bedeutet, dass die über die Jahre ausgeschütteten Dividenden in den Kursverlauf eingerechnet werden, anders als beim Kursindex, wo diese keine historische Berücksichtigung finden. Der Performance-Index bildet also die Gesamtentwicklung der enthaltenen Werte (Kursentwicklung addiert mit Dividenden) ab, während der Kursindex, getreu seines Namens, nur die Kurse (ex Dividenden) darstellt.

Die Unterschiede zwischen beiden Indizes sind gravierend, was nicht sonderlich verwunderlich ist, schließlich gilt der deutsche DAX seit jeher als dividendenstarker Index. Viele der alteingesessenen Unternehmen zahlen jährlich 4 % aufwärts Dividende, Vertreter wie aktuell BMW oder BASF erreichen aufgrund ihres niedrigen Kursniveaus sogar um die 8 %. Selbst starke Kursläufer wie die Allianz sind bei über 6 %. Für Anleger, die vermehrt auf Dividendenwerte vertrauen, ist der DAX also seit jeher eine Alternative.

Entwicklung des DAX in den vergangenen rund zwei Jahrzehnten

Welch großen Unterschied die Dividenden ausmachen, zeigt sich am Chartbild des DAX ziemlich deutlich. In der aktuellen, bärischen Phase der Börse hat der DAX etwa 25 % verloren, was zwar nicht ganz so viel wie die führenden US-Indizes ist, aber auch nicht wirklich viel weniger. Angesichts der notorisch niedrigen Bewertungen im deutschen Marktumfeld dürfte allein dieser Umstand für viele Anleger eine negative Überraschung darstellen.

So steht der DAX mit seinem Performance-Index aktuell wieder auf dem Niveau des Jahres 2015. Wer also einmalig eine größere Summe in 2015 investiert hat, ist selbst mit Dividenden ungefähr auf +- 0. Da die Dividenden bei Überschreitung des Freibetrages aber mit etwas mehr als 26 % zu versteuern sind und zudem auch Transaktionsgebühren anfallen, dürften die meisten Anleger seit 2015 nicht nur ihr Geld nicht vermehrt, sondern sogar noch an Kaufkraft verloren haben. Insbesondere mit Hinblick auf die enorm hohen Inflationsraten der letzten zwei Jahre.

Noch schlimmer sieht der Kursindex aus, bei dem wie eingangs dargestellt keine ausgeschütteten Dividenden enthalten sind. Der steht, im Vergleich zum Hoch zu Zeiten der DotCom-Blase, rund 17 % tiefer. Betrachtet man also lediglich die Kurse, waren das für Anleger in deutsche Top-Werte rund zwei verlorene Jahrzehnte. Wobei diese Betrachtung natürlich mit Vorsicht zu genießen ist: Die notorisch hohen Dividendenausschüttungen der DAX-Konzerne finden beim Kursindex keine Berücksichtigung, Anleger, die seit 22 Jahren investiert sind, haben sie aber selbstverständlich fortlaufend erhalten.

Übrigens: Der S&P 500, der per Standard ein Kursindex ist, steht immerhin noch 130 % über den Hochs zur Jahrtausendwende. Selbst wer zur DotCom-Blase zum schlechtesten Zeitpunkt investierte, hat sein Geld also noch weit mehr als verdoppelt, inklusive Dividenden sogar vervielfacht. Der direkte Vergleich zwischen dem größten deutschen und amerikanischen Index zeigt eindeutig, wie unbeliebt deutsche Werte vor allem bei internationalen Anlegern sind – was auch die schon seit vielen Jahren anhaltenden niedrigen Bewertungen im Vergleich zu US-Titeln untermauern.

Ist der deutsche DAX fair und der S&P 500 überbewertet?

Diese Frage treibt Anleger, Verbraucher ebenso wie Institutionelle, nicht erst seit heute oder gestern um. Der von Warren Buffett geprägte Buffett-Indikator stellt die Marktkapitalisierung der öffentlich gehandelten Werte dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA entgegen – und zeigt trotz der jüngsten starken Korrekturen noch eine deutliche Überbewertung. Tatsächlich steht der Buffet-Indikator heute sogar noch höher als zum Gipfel der DotCom-Blase. Dabei ist aber zu bedenken, dass dieser Indikator eben nur BIP und Marktkapitalisierung berücksichtigt, nicht tatsächlich generierte Cashflows oder Gewinne von Unternehmen.

Das Glück der Anleger in den Händen der Zentralbanken

Wie sich sowohl der DAX als auch der S&P 500 in der nahen Zukunft entwickeln werden, hängt maßgeblich an den Zinsentscheidungen der US-amerikanischen FED sowie dem europäischen Pendant, der EZB. Letztere ist, aufgrund der hoch verschuldeten und wirtschaftlich schwachen Euro-Länder kaum in der Lage, die großen Zinsschritte mitzugehen, die die FED bereits das gesamte Jahr über fortwährend durchführt. Anleger fürchten aber ebenso, dass die FED es übertreiben könnte – dann würde nicht nur das hohe Zinsniveau zu Abwertungen führen, sondern auch die dadurch geschaffene Rezession.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.