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Das Statistische Bundesamt verzaubert Inflationsrate

An der Kasse im Supermarkt, beim Tanken oder der nächsten Nebenkostenabrechnung wird einem dieser Zaubertrick leider nicht viel weiterhelfen. Das Statistische Bundesamt holt ihn trotzdem aus dem Ärmel: Die Inflationsrate des Jahres 2022 wird kurzerhand nach unten korrigiert, nachdem man die Berechnungsmethodik angepasst hatte. So kann die Inflation zumindest aus arithmetischer Hinsicht teilweise verschwinden, bedauerlicherweise zeigt unser aller Geldbeutel in der Praxis recht schnell die Grenzen dieses Tricks auf.

Plötzlich neue Grundlage zur Berechnung des Verbraucherpreisindex

Der Verbraucherpreisindex ist der, der die Vorlage für die spätere prozentuale, offizielle Inflationsrate liefert. Da bedient sich das Statistische Bundesamt, das für die offizielle Erhebung von eben jenem Verbraucherpreisindex verantwortlich ist, kurzerhand einer neuen Grundlage. Bisher wurde für Vergleichswerte immer das Jahr 2015 herangezogen, nun benutzt man plötzlich das Jahr 2020. Damit ändern sich natürlich ganzheitlich die Berechnungen und Vergleichswerte, somit selbstverständlich auch die prozentual gemessene Veränderung der Inflation seither.

7,9 Prozent – das ist eine Zahl, die die meisten Deutschen mittlerweile selbst dann kennen, wenn sie sonst nicht viel mit den Kapital- und Finanzmärkten am Hut haben. Die 7,9 Prozent geisterten zuletzt vermehrt durch die Medien und zierten die Titelseiten vieler Tageszeitungen, da es sich hierbei um die offiziell verkündete Inflationsrate für die Bundesrepublik handelt(e). Es kam also zu einer Teuerung von knapp 8 % und im Gegenzug zu einer Minderung der eigenen Kaufkraft um eben diesen Wert, außer man konnte mit dem Arbeitgeber eine entsprechende Netto-Gehaltserhöhung vereinbaren. Diese 7,9 Prozent wurden anhand der Basis aus dem Jahr 2015 errechnet.

Wie eingangs berichtet, zieht das Statistische Bundesamt aber nun einen anderen Wert heran, nämlich den aus dem Jahr 2020. Damit verschwindet zumindest ein Teil der Inflation, die nachträglich auf 6,9 Prozent nach unten korrigiert wurde. Man sollte also meinen, jedem Deutschen blieben so zumindest ein Prozent seiner Kaufkraftverluste erspart. In der Praxis hilft die Berechnungsmethodik den klammen privaten Kassen aber nur wenig weiter. Zumal auch diese 6,9 Prozent keinen sonderlich nachhaltig beschönigenden Effekt haben. Denn die Marke sprengt immer noch alle Rekorde der letzten Jahrzehnte. Eine vergleichbar hohe Inflation gab es zuletzt vor rund 50 Jahren, nämlich zu Beginn der Ölkrise.

Von Korrekturen, Warenkörben und aktuellen Werten

Eine Veränderung trat damit auch für den Dezember als letzten Monat des Jahres 2022 in Kraft. Da bewegte sich die Inflation auf dem Wert von 8,6 Prozent, was zumindest gegenüber dem November um 0,2 Prozent rückläufig war, da sie sich da auf 8,8 Prozent bezifferte. Nach der Korrektur und neuen Methodik stehen für den Dezember nun nur noch 8,1 Prozent zu Buche – das ist bestenfalls kosmetische Arithmetik.

Des Weiteren liefert der Warenkorb, den das Statistische Bundesamt für seine Berechnungen heranzieht, seit jeher Streitpotenzial. Der liefert nämlich nur sehr überschaubare Überschneidungen mit den regelmäßigen Ausgaben für das tägliche Leben. Medial mehrfach beachtet war der Umstand, dass Mieten gar nicht einflossen. Was sich bis heute nicht geändert hat, obwohl dieser Posten besonders schwer auf den Kassen der Verbraucher lastet.

Auch sonst beschönigt der offizielle Inflations-Warenkorb die tatsächliche Inflationsrate. Zwar können sich Privathaushalte, denen eine entsprechende Anschaffung ins Haus steht, darüber freuen, dass Fernseher, Rasenmäher und Steckdosen günstiger werden. Aber allzu oft kauft man diese dann eben doch nicht – vor allem nicht im Vergleich zu Energie, Lebensmitteln, Tickets für den öffentlichen Nahverkehr, Smartphones oder verschiedene Abonnements. Trotzdem erhalten sie in dem rund 600 Güter starken Warenkorb eine entsprechende Gewichtung. Wobei die meisten Deutschen kaum jährlich einen neuen Fernseher oder Rasenmäher kaufen dürften und Preissenkungen daher weitgehend irrelevant sind.

Damit lässt sich deutlich sagen: Die tatsächliche Inflation wird weder durch eine neue Berechnungsgrundlage noch durch argwöhnisch zusammengestellte Warenkörbe wirklich kleiner. Aber das dürften die meisten Deutschen längst am Kontostand und der Haushaltskasse bemerkt haben.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.